Der preisgekrönte Film Work Hard Play Hard gehört zu den meist gesehenen Dokumentarfilmen des Jahres 2012. Er beschäftigt sich mit den neuen Formen der Arbeitsorganisation und zeigt die Auswirkungen neuer Managementmethoden auf den einzelnen Mitarbeiter. Das Streben nach Gewinnmaximierung und grenzenlosem Wachstum hat die Ressource Mensch entdeckt. Die Grenzen zwischen Arbeit und Lifestyle sollen verschwinden. Bei Auswahl, Motivation und Training der Mitarbeiter von Morgen wird nichts dem Zufall überlassen. Selbst-optimierung steht auf dem Programm. In unserer modernen Arbeitswelt bedeutet die Sanierung eines Betriebes die Sanierung der Mitarbeiter. Die äußerst positive Resonanz und die kontroversen Reaktionen auf den Film zeigen, dass das Thema "Arbeitswelt" für eine breite Öffentlichkeit von großer Beduetung ist.Das Buch bietet Hintergrundmaterialien zum Verständnis des Films und den in ihm angesprochenen Problemfeldern. Es setzt damit die Diskussion fort, die in zahlreichen Kinos in Deutschland nach dem jeweiligen Filmstart stattgefunden hat. Unter anderem haben sich Lehrer, Gewerkschafter und Arbeitspsychologen hieran beteiligt. Ein Indiz für das nachhaltige Interesse an der Thematik ist auch die Vorführung des Films auf hochrangig besetzten gewerkschaftlichen Konferenzen und Gremien wie auch im Bildungsbereich und in Schulen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für Hans-Jörg Rother lautet die Frage, die sich ihm nach der Lektüre stellt: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Eva Bockenheimer, Carmen Lossmann und Stephan Siemens bieten dazu laut Rezensent unterschiedliche Perspektiven aus der Realität der Arbeitswelt. Kreative erzählen von Selbstausbeutung und Abserviertwerden, aber auch vom Glück einer spaßvollen Beschäftigung und flachen Hierarchien. Als Beibuch zum gleichnamigen Dokumentarfilm über moderne Arbeitswelten findet Rother den Band erfrischend unkonventionell, da sich die Autoren nicht mit Inhalt und Stil des Films befassen, sondern das Thema selbst diskutieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Das Buch zum Film "Work Hard Play Hard" diskutiert die moderne Bürohölle
Das Filmbuch zu dem 2012 sehr erfolgreich laufenden Dokumentarfilm "Work Hard Play Hard" unterscheidet sich von anderen Büchern dieser Art. Denn statt sich mit Entstehungsgeschichte, Inhalt und Stil zu befassen, diskutieren die Publizistin Eva Bockenheimer, die Regisseurin Carmen Lossmann und der Philosoph Stephan Siemens miteinander. Ebenso wie ihr Gespräch kreisen auch die ergänzenden Beiträge fast ausschließlich nur um das Problem, auf das es der Regisseurin ankam, als sie die neuen Arbeitswelten in führenden Wirtschaftsunternehmen sichtbar machte: das scheinbar freie Sichbewegen ohne Stechuhr und festen Schreibtisch, die kommunikative Atmosphäre in den Büroetagen, die Einbettung des Einzelnen in ein Team von gegenseitiger Verlässlichkeit. Dieser kreativen Wende steht die Erfahrung eines nahezu unbegrenzten Einsatzes für die Interessen des Unternehmens gegenüber. Arbeits- und Freizeit gehen ineinander über, das Privatleben verkümmert, am Wegesrand bleiben Menschen mit verschlissenen Energien zurück: Burnout.
Der Film lässt in die durchgestylten Räume neuer Bürohäuser blicken, in denen man sich beim Kaffee locker trifft. Die Ansprache eines Managers am Morgen ermuntert zu fröhlichem Tun. Barsche Befehle scheinen aus dieser Bürowelt verbannt. Was es heißt, nach wochenlangen Anstrengungen für eine erfolgversprechende Problemlösung nur mattes Lob oder keines zu bekommen oder, wenn man nicht genug Punkte bringt, in ein leeres Büro gesetzt zu werden, bis man von selbst geht, davon erzählen Betroffene in diesem Buch.
"Funktionalistischer Darwinismus" nennt der zu Rate gezogene Psychologe Hinderk Emrich dieses mittels Belohnung (zum Beispiel ein Firmenauto) und Bestrafung (siehe oben) funktionierende System ständiger Auslese. Es fehlen aber auch nicht die Gegenstimmen, die für moderne, offene Räume und Spaß bei der Arbeit eintreten. "Der Mensch steht im Mittelpunkt", lautet das neue Credo der Personalabteilungen, "Arbeiten ohne Ende" dagegen die bittere Erfahrung vieler, denen der kalte Wind des Wettbewerbs am Arbeitsplatz um die Nase weht.
Dass die Situation in vielen mittelständischen Unternehmen, die hart gegen chinesische Konkurrenz oder feindliche Übernahmen ankämpfen müssen, kaum zutrifft, steht auf einem anderen, im Buch nicht umgewendeten Blatt. Sie mag Hinderk Emrichs Warnung vor einem "uns beherrschenden Funktionalismus", der "nicht mehr in Einklang mit unseren Emotionen zu bringen ist", noch nicht betreffen. "Kunst kann bewegen." Mit diesem hoffnungsvollen Satz schließt das Nachwort von Stephan Siemens, der noch einmal die offene, für verschiedene Interpretationen offene Struktur des Films betont. Die Hoffnung liegt im Nachdenken, hier über die zuletzt selten gestellte Frage: in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Die Frage offenzuhalten wäre schon eine Antwort.
HANS-JÖRG ROTHER
Eva Bockenheimer, Carmen Lossmann, Stephan Siemens (Hrsg.): "Work Hard Play Hard". Das Buch zum Film. Schüren-Verlag, Marburg 2013. 218 S., Abb., br., 19,90 [Euro].
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