Eine prominente Reihe literarischer Vergewaltigungsfälle seit dem 17. Jahrhundert wird aus dem Horizont der Rechts- und Kulturgeschichte literaturgeschichtlich analysiert.Vergewaltigung gilt, wie Raub, Mord und Totschlag, seit alters als schweres Verbrechen. Welcher erzwungene Beischlaf allerdings jeweils als Verbrechen zu qualifizieren war und unter welchen Bedingungen diese Tat sanktio-niert werden konnte, erschließt sich erst im Zusammenhang mit den Rechtsnormen einer Zeit. Die Untersuchung von Gesa Dane rekonstruiert die Strafrechtsgeschichte dieses Verbrechens, um vor deren Hintergrund literarische Texte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert zu deuten. Zwar werden Vergewaltigungen hier aus Dezenzgründen bis weit in das 20. Jahrhundert nicht direkt geschildert, doch gelingt der Verfasserin mithilfe einer umsichtigen kulturhistorischen Spurensuche der Nachweis, daß die Texte selber es nie im Ungewissen lassen, ob es sich nach zeitgenössischen Vorstellungen um erzwungenen Beischlaf oder um Verführung handelt. In dieser Hinsicht werden Texte u.a. von Harsdörffer, Grimmelshausen, Lohenstein, Calderón, Richardson, Lessing, Goethe, Kleist, Hardy, Hahn-Hahn bis hin zu Parei und Duwe neu gedeutet und zum Sprechen gebracht.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Thomas Weitin konstatiert zunächst einen Zustand umfassender Verrechtlichung der Gesellschaft, mit dem in den Geisteswissenschaften ein anhaltendes Interesse an rechtsgeschichtlichen Fragestellungen einhergeht. In diesen Kontext sieht er auch Gesa Danes "lesenswerte" Studie zur Rechts- und Literaturgeschichte des Vergewaltigungsdelikts. Wie er ausführt, bildete Vergewaltigung erst seit der Aufklärung einen eigenständigen Tatbestand, während sie davor vor allem als Angriff auf die Ehre der Betroffenen und vor allem ihrer männlichen Angehörigen begriffen wurde. Im literarischen Text ermögliche das Medium Ehre den Zugang zu den psychosozialen Leiden der Opfer und lasse individuelle Verlusterfahrungen über die Tabuisierung des Geschehens hinweg kenntlich werden, was Dane an diversen Texten exemplarisch zeige. Weitin hebt hervor, dass sich die Autorin gegen die diskursanalytische Degradierung literarischer Texte zu bloßen Exempeln vorgängiger Zusammenhänge wendet, um die Eigengesetzlichkeit des Literarischen deutlich zu machen. Einen neuen Ansatz bleibt sie nach Ansicht Weitins aber schuldig.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH







