Der hohe Bedarf an leistungsdichten elektrischen Maschinen für Traktionsanwendungen führt historisch bedingt zu einer heute vorrangig leistungsorientierten Maschinenauslegung. Die leistungsdichten Maschinen werden thermisch stark ausgenutzt, sodass die thermische Alterung über viele Jahre die maßgebliche Ursache für Isolationsausfälle darstellte. Durch die Spezifizierung von Wärmeklassen mit Dauergebrauchstemperaturen in der DIN EN 60085 werden die thermischen Randbedingungen für einen zuverlässigen stationären Betrieb festgelegt. Die Verwendung der Dauergebrauchstemperatur als Kennwert für die Zuverlässigkeit dynamisch belasteter Traktionsmaschinen führt jedoch zu einem überdimensionierten Isolationssystem. Zusätzlich erhöhen Innovationen wie schnellschaltende Wide-bandgap (WBG) Halbleiter und die 800 V-Technik die elektrische Belastung des Isolationssystems, sodass der Fokus auf die thermischen Schädigungsmechanismen in modernen Traktionsmaschinen als unzureichend eingeschätzt wird. In dieser Dissertation wird anhand von Lebensdaueruntersuchungen nachgewiesen, dass die elektrische Belastung bei den oben genannten Innovationen gegenüber der thermischen Belastung nicht vernachlässigbar ist. Es wird ein statistisches Modell auf Basis des Design of Experiments (DoE) entwickelt, das die Lebensdauer in Abhängigkeit multiphysikalischer Belastungsparameter beschreibt und dazu beiträgt, das Verständnis der Ausfallmechanismen zu erweitern. Zusätzlich trägt diese Dissertation zu einem Paradigmenwechsel bei, die Belastbarkeit direkt anhand der Lebensdauer und nicht anhand der Wärmeklasse zu bestimmen. Darüber hinaus bietet die Entwicklung eines Modells zur Spannungsverteilung Ingenieurinnen und Ingenieuren ein Werkzeug, um die reale Spannungsbelastung einer elektrischen Maschine abzuschätzen und entsprechend der Zuverlässigkeitsanforderungen geeignete Zielgrößen wie die Impulse Voltage Insulation Class (IVIC) vorzugeben. Da Teilentladungen die elektrische Alterung signifikant beeinflussen, wird neben den Lebensdaueruntersuchungen die Zuverlässigkeit verschiedener Isolationsmaterialien anhand ihrer Teilentladungsaktivität beurteilt. Die Ergebnisse dieser Dissertation zeigen, inwieweit dickere Isolationsmaterialien die Repetitive Partial Discharge Inception Voltage (RPDIV) erhöhen und so zu einer erhöhten Zuverlässigkeit beitragen können. Die Messergebnisse und entwickelten Modelle werden in einem methodischen Ansatz zur zuverlässigkeitsorientierten Maschinenauslegung implementiert. Da dieser Ansatz detailliertere Betrachtungen der Belastungsgrenzen und Ausfallmechanismen in einer frühen Entwicklungsphase vorsieht, ermöglicht er, Maschinen näher an ihren Betriebsgrenzen auszulegen und so Optimierungspotenziale auszuschöpfen, die durch überdimensionierte Isolationssysteme entstanden sind. Er zeigt Maschinenentwicklern eine neue Perspektive und trägt zur Formulierung zukünftiger Forschungsfragestellungen bei.
Bitte wählen Sie Ihr Anliegen aus.
Rechnungen
Retourenschein anfordern
Bestellstatus
Storno







