Um 1840 hatten präzise Messungen von Fixsternentfernungen erste gedankliche Landepunkte im Weltraum geliefert. Von diesen ausgehend reflektierte der Astronomieliebhaber und Jurist Felix Eberty (1812-1884), inwiefern die Erde von den Lichtjahre entfernten Fixsternen aus betrachtet in jeweils verschiedenen Stadien ihrer Vergangenheit zu sehen sein würde. Seine Überlegungen umriss er in einer schmalen Broschüre mit dem Titel "Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit". Ebertys Beschreibung eines zeitlich zerdehnten Weltanschauungsbildes fand in Raubdrucken und Plagiaten weltweite Verbreitung und hinterließ in verschiedensten wissenschaftlich-fiktionalen Bereichen prägende Spuren, zum Beispiel in Einsteins Relativitätstheorie, der theoretischen Biologie Uexkülls und von Baers, im kosmogonischen Irrationalismus Klages', in der Geschichtsphilosophie Benjamins sowie im Kino der zwanziger Jahre. In seiner kleinen Schrift hat Eberty nicht nur neuartige denkmögliche Lichtbildlesarten beschrieben, sondern auch bereits wesentliche Züge einer zukünftigen Bildwissenschaft und Kinotheorie entworfen. Der vorliegende Band macht die Originalschriften Ebertys sowohl in der deutschen als auch in der intensiv rezipierten englischen Fassung zugänglich. Der vorangestellte Kommentar veranschaulicht die Rezeptionsgeschichte und die in das 20. Jahrhundert hineinreichende Wirkungskraft Ebertys "kosmischer Bildtheorie".
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die hier mit einem größeren Kommentar wiederveröffentlichte Schrift "Die Stirne und die Weltgeschichte", vom deutschen Juristen Felix Eberty 1847 erstmals publiziert, ist die Wiederentdeckung wert, findet der Rezensent Luco Di Blasi. Eberty entwickelt darin ein aufregendes Gedankenspiel, das noch den Physiker Albert Einstein nachhaltig beeindruckte - und womöglich bei der Entwicklung der Relativitätstheorie sogar beeinflusste. Wenn nämlich, so Eberty, das Licht dafür sorgt, dass Bilder des Weltalls aus unterschiedlichsten Zeiten uns erreichen, lässt sich dann das Weltall selbst nicht als lichtinformiertes Gesamtarchiv der Erdgeschichte begreifen? Ein faszinierender Gedanke, der von Astronomen wie Esoterikern weitergesponnen wurde und mit der Relativitätstheorie klar zu beantworten ist: Im Grunde ja, nur lesbar ist das Archiv für uns der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit wegen nicht. Dem Kommentar Karl Clausbergs will der Rezensent nicht überallhin folgen, findet aber insgesamt dessen "zwanglose Kopplung von Kultur- und Technikgeschichte" sehr reizvoll.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Karl Clausberg hat Ebertys kuriosen Text nun wieder zugänglich gemacht und einen ausführlichen Kommentar beigesteuert, der Hintergrund und Wirkungsgeschichte nachzeichnet." Helmut Mayer in: FAZ 26.06.06 "Die kenntnisreichen Analysen in 'Zwischen den Sternen' liefern (...) ein schlagendes Beispiel für die Möglichkeiten kulturhistorischer Untersuchungen, (...)." Henning Engelke in: Sehepunkte, 15.01.2007 "Generell kann ich dieses Buch jedem Interessierten ans Herz legen. Ich habe es mit Vergnügen gelesen, weil es mich reizte, mehr über diesen Gedanken, den ich auch irgendwann, irgendwo als Kind aufgeschnappt hatte, ohne dessen Hintergrund zu kennen, zu erfahren und dies von der kunst- bzw. literaturhistorischen Seite beleuchtet zu bekommen, statt die mir bekannte physikalische Realität zu sehen." Bernd Hoffmann in: www.astronomie.de







