(....) das Glück in die Ecke drängen" (S. 368)
Nicht jeder wird auf der Sonnenseite des Lebens geboren. Manche müssen "das Glück in die Ecke drängen" und es regelrecht zwingen "bis es nicht mehr ausweichen kann" (S. 368). Die 15-jährige Julia ist so ein Mensch. Sie lebt in der österreichischen
Provinz dort wo die Touristen Urlaub machen. Arbeitsplätze außerhalb des Tourismus sind rar und seit…mehr(....) das Glück in die Ecke drängen" (S. 368)
Nicht jeder wird auf der Sonnenseite des Lebens geboren. Manche müssen "das Glück in die Ecke drängen" und es regelrecht zwingen "bis es nicht mehr ausweichen kann" (S. 368). Die 15-jährige Julia ist so ein Mensch. Sie lebt in der österreichischen Provinz dort wo die Touristen Urlaub machen. Arbeitsplätze außerhalb des Tourismus sind rar und seit auch noch die Fabrik geschlossen wurde, hat sich die Situation für viele Menschen in Tal verschärft. Ich-Erzählerin Julia kommt aus schwierigen familiären Verhältnissen, ihr letztes Jahr an der Hauptschule versucht sie irgendwie hinter sich zu bringen; sie hat Null-Bock auf Schule, läuft Gefahr, ihren Schulabschluss nicht zu schaffen. Julias Herz schlägt für ihre Crew (ihren Freundeskreis), für Hip Hop und Rap; sie träumt davon, entdeckt zu werden und wie ihre großen Idole Texta, Eminem und Cypress Hill die Bühne und auch VIVA zu erobern. Während zu Beginn des Jahres die Crew noch zusammenhält, die Jugendlichen vor allem abhängen, rauchen, saufen, beatboxen und rappen, beginnen im weiteren Jahresverlauf Freundschaften zu bröckeln. Dafür sind nicht nur Eifersüchteleien und Liebeskummer verantwortlich, sondern auch eine Aufbruchstimmung, von der nur Julia seltsam unberührt zu sein scheint. Während alle Zukunftspläne schmieden, sich auf Prüfungen vorbereiten oder anderen Gruppen anschließen, dümpelt Julia haltlos durch die Gegend und nervt zunehmend auch ihre Freund*innen durch ihre Perspektiv- und Antriebslosigkeit. Auch das große politische Experiment des Geschichtslehrers, bei dem die Schüler*innen die Rolle wichtiger Akteure der Weltpolitik einnehmen sollen, bleibt nicht folgenlos für Julias Freundeskreis und die Klassengemeinschaft.
Angela Lehner nimmt uns mit in das Jahr 2001 mit seinen ratternden, langsamen Modems, seinen Tastenhandys, der Musikkultur (vor allem Rap und Hip Hop) und der Euro-Einführung. Auch andere bedeutsame und erschütternde Ereignisse des Jahres wie z.B. ein erstarkender Rechtspopulismus, der Nahost-Konflikt, Miloševićs Völkermord, BSE und der Terroranschlag vom 11. September werden eingeflochten. Der Roman liest sich trotz vieler österreichischer Begriffe flüssig. Die oftmals derbe und unreflektierte Sprache der Jugendlichen empfand ich als stimmig für die damalige Zeit und die Mitglieder der Crew. Julias Perspektivlosigkeit und Lethargie, aber auch ihr Mangel an Geborgenheit und ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit haben mich berührt. Immer wieder spielt Angela Lehner mit der Erwartungshaltung ihrer Leser*innen; der Roman hat mich mehr als einmal überrascht . Unter der Oberfläche steckt in „2001“ vor allem auch Gesellschaftskritik, die zuweilen ernst, manchmal aber auch humorvoll, dann wieder subtil und beinahe beiläufig daherkommt. Der Roman lässt sich zudem als Anklage an das Nichtstun, an das Wegsehen von Verantwortlichen lesen und zeigt wie wichtig Freundschaft und echt gemeinte Unterstützung im Leben sind. 2001 ist ein kurzweiliges Leseabenteuer mit einer ganz eigenartigen Mischung aus Nostalgie, Lethargie, Humor und Gesellschaftskritik, gewürzt mit einer Prise Hip Hop, Alkohol und Jugendsprache. Mal laut, mal leise, mal dahinplätschernd wird bei dieser Zeitreise deutlich, dass trotz enormer Veränderungen vieles gleich geblieben ist.