"Anna Karenina" ist für mich ein Meisterwerk, das Buch der Bücher, schon x-mal gelesen ist mir dafür kein Superlativ zu platt. Tolstoi ist ein begnadeter Beobachter und meisterhafter Erzähler. Er schafft es Szenen so mit Worten zu illustrieren, dass sie einem wie ein Film vor Augen ablaufen, genannt
seien dafür stellvertretend das Pferderennen, Lewins Jagd im Schnepfensumpf und Dollys Besuch bei…mehr"Anna Karenina" ist für mich ein Meisterwerk, das Buch der Bücher, schon x-mal gelesen ist mir dafür kein Superlativ zu platt. Tolstoi ist ein begnadeter Beobachter und meisterhafter Erzähler. Er schafft es Szenen so mit Worten zu illustrieren, dass sie einem wie ein Film vor Augen ablaufen, genannt seien dafür stellvertretend das Pferderennen, Lewins Jagd im Schnepfensumpf und Dollys Besuch bei Anna. Seine Protagonisten sind alle lebensechte Menschen, sie haben Stärken und Schwächen. Kein einziger ist nur gut oder nur schlecht. Dabei beschreibt er die Charaktere ausgefeilt, facettenreich und psychologisch fundiert, so dass der Leser bei ihnen mühelos eine Entwicklung verfolgen kann. Lew Tolstoi breitet in diesem Mammutwerk verschiedene Lebensphilosophen und Lebensstile aus. Setzt sich mit der Familie und dem Sinn des Lebens an sich auseinander und baut darum die Geschichte um die drei adligen Familien auf.
Der Roman hat mehrere Handlungsstränge, zwischen denen wechselt Tolstoi immer wieder in seiner Erzählung, so dass das Schicksal seiner Hauptpersonen auch aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. Aber er arbeitet auch deutlich das Verbindende und Trennende zwischen den einzelnen Familien heraus, so dass wirklich der Eindruck entsteht, man kenne alle Protagonisten schon seit Jahr und Tag. Die Beschreibungen von Personen und Szenarien sind meist sehr umfangreich, bildhaft und detailliert. Aber beim Lesen der fast 1.300 Seiten kam nie Langeweile oder Ermüdung auf. Ich habe immer den Drang verspürt, mehr zu erfahren und weiter am Leben der Familien teilzunehmen. So wird dann letzten Endes deutlich, dass die glücklichen Familien einfach nur glücklich sind, sich die unglücklichen Familien jedoch in ihrem Unglück von einander unterscheiden.
Immer wieder werden "Effi Briest", "Madame Bovary" und "Anna Karenina", die großen Ehebrecherinnen in der Literatur, miteinander verglichen. Für mich ist Tolstois Werk auf Grund seiner Erzählkunst und seines Einfühlungsvermögens in die Charaktere der herausragende Roman. Etwas besseres und ausgereifteres habe ich in der Literatur noch nicht gefunden.