Eine gewaltvolle, poetische Geschichte mit bedingter Empfehlung
Das Buch kann auf jeden Fall ein absoluter 5-Sterne-Read sein, die Geschichte hat großes Potenzial. Für mich war es aufgrund persönlicher Präferenzen leider nicht so, das sollte andere aber wirklich nicht von der Lektüre abhalten. In
jedem Fall hat mir die Geschichte ab etwa der Hälfte deutlich besser gefallen. Der Anfang tröpfelte…mehrEine gewaltvolle, poetische Geschichte mit bedingter Empfehlung
Das Buch kann auf jeden Fall ein absoluter 5-Sterne-Read sein, die Geschichte hat großes Potenzial. Für mich war es aufgrund persönlicher Präferenzen leider nicht so, das sollte andere aber wirklich nicht von der Lektüre abhalten. In jedem Fall hat mir die Geschichte ab etwa der Hälfte deutlich besser gefallen. Der Anfang tröpfelte ein wenig zu sehr vor sich hin und ich habe verhältnismäßig lange gebraucht, um alle Figuren einordnen zu können.
Ich mochte das Eintauchen in diese neuseeländische Māori-Geschichte grundlegend gern, auch die Struktur mit ihren verschiedenen Erzählperspektiven und den sich langsam entfaltenden Verbindungen zwischen den Figuren hat mir gut gefallen. Die indigene Sprache fand ich sinnvoll und lehrreich eingesetzt.
Sprachlich greift Manawatu immer wieder zu poetischen Ausführungen, die mir persönlich einfach nicht so gefallen. Ich kann Poesie nicht greifen und nur selten verstehen, weshalb mir an diesen Stellen immer der Kontakt zum Text verlorengeht. Trotzdem finde ich die Poesie maßvoll eingesetzt, sodass sich der Roman nach ein wenig Eingewöhnungszeit gut lesen ließ.
Bemerkenswert ist die sprachliche Wandelbarkeit der Autorin: Die drei erzählenden Figuren haben jeweils eine unterscheidbare, eigene Sprache. Doch so handwerklich gut ich das auch finde, hatte ich phasenweise meine Schwierigkeiten damit. Vor allem die sehr kindliche Sprache von Ari fand ich anstrengend. An dieser Stelle möchte ich aber nochmal betonen, dass das einfach meine persönliche Präferenz ist und dass ich gleichzeitig absolut sehe, wie gut und authentisch diese Figur geschrieben ist. Seine gutmütige und ungefilterte Sicht auf die Dinge, die in seinem Leben so grausam sind, hat mich nämlich auch wirklich berührt.
Ein weiterer Punkt, weswegen ich die Geschichte nicht so genießen konnte, wie ich es gewollt habe, ist die unermessliche Gewalt und das damit einhergehende Leid. Ich reagiere extrem sensibel auf Gewaltschilderungen (gegen Menschen und Tiere gleichermaßen), weshalb ich einige hochgelobte Bücher gar nicht erst anfasse. Hier wurde ich wiederholt kalt erwischt. Ich bin mir ganz sicher, dass die Stärke des Buches unter anderem in diesen Schilderungen liegt, wenn mensch sich darauf einlassen kann. Das Rohe sowie parallel der Zusammenhalt dagegen sind in jedem Fall emotionalisierend. Und ich mag emotionale Tiefe enorm, für mich gehört sie untrennbar zu guter Literatur. Nur mit expliziter, wiederholter Gewalt kann ich nicht gut umgehen, sodass ich mich dann von der Geschichte distanzieren und den Kontakt immer wieder neu suchen muss.
Die Auflösung der Familienbeziehungen, die Erkenntnisse zur Vergangenheit und die sich auf und ab wiegende Spannung haben mir gut gefallen. Am Ende konnte ich die Geschichte auch nicht mehr aus der Hand legen. Doch ein angenehmer Read war es für mich aus obigen Gründen leider nicht. Ich empfehle das Buch trotzdem für alle Menschen, die mit Gewaltschilderungen und Poesie keine Probleme haben, denn dann ist es ein vielschichtiges und tiefgängiges Werk.
TW: (tödliche) Gewalt gegen Menschen und Tiere, Fehlgeburt, Unfalltod, Drogenmissbrauch, (Nennung von) Vergewaltigung