Die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten im Mai 1933 ist allgemein bekannt. Damals landeten Werke von jüdischen und „undeutschen“ (vor allem sozialistischen und homosexuellen) Schriftstellern auf dem Scheiterhaufen. Diese Bücherverbrennung erscheint uns beispiellos. Dabei ist sie das leider
nicht, denn Bibliotheken und Bücher waren schon zu allen Lebzeiten bedroht. Dabei sind sie das…mehrDie Bücherverbrennung der Nationalsozialisten im Mai 1933 ist allgemein bekannt. Damals landeten Werke von jüdischen und „undeutschen“ (vor allem sozialistischen und homosexuellen) Schriftstellern auf dem Scheiterhaufen. Diese Bücherverbrennung erscheint uns beispiellos. Dabei ist sie das leider nicht, denn Bibliotheken und Bücher waren schon zu allen Lebzeiten bedroht. Dabei sind sie das Gedächtnis der Welt. Daher ist die Bewahrung von Wissen eine ständige Aufgabe, mitunter auch ein heikler Kampf.
Der britische Bibliothekar, der seit 2014 Direktor der berühmten Bodleian Library in Oxford ist erzählt in seinem neuen Buch „Bedrohte Bücher“ von fesselnden Schlüsselepisoden aus der dreitausendjährigen Geschichte der Welt des Buches. Seinen Streifzug beginnt der Autor in Alexandria, wo zu Beginn des 3. Jahrhunderts v. Chr. die wohl berühmteste Bibliothek der Welt gegründet wurde. Vermutlich im Jahr 48 v. Chr. brannte sie vollständig ab. Ob durch Kriegseinwirkung oder Brandstiftung, ist bis heute nicht geklärt. Doch mit der Zerstörung der Bibliothek verschwand eine unschätzbare Anzahl an Textdokumenten für immer.
Im englisch-spanischen Krieg von 1596 war der Bücherschatz einer Bischofsresidenz wertvolles Beutegut, das nach England verschleppt wurde. Die Spur führt weiter über die Brandschatzung der Library of Congress in Washington durch die Briten, die doppelte Zerstörung der Bibliothek von Loewen durch die Deutschen im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg und die Zerstörung der Bibliothek von Sarajevo 1992 bis in unsere Gegenwart.
In jedem Kapitel wird die Geschichte eines Angriffs auf einzelne Werke oder ganze Archive erzählt. Es wird aber auch von mutigen Menschen berichtet, die sich für den Erhalt von Wissen eingesetzt haben, oft unter Einsatz ihres Lebens. Fazit: eine profunde, lehrreiche und packende Geschichte der Bedrohung des Kulturgutes Buch. Sehr zu empfehlen!