"In meiner Hose ist eine geladene Waffe. Sie ist geladen mit Enttäuschung und Zorn, Hülsen voll Wut. Seit meinem vierzehnten Lebensjahr habe ich eine Mitgliedschaft im Schießverein. So ein bewaffneter Unterleib ist krass, der Rückstoß ist das Heftigste. Das merke ich auch heute wieder, morgens halb
zehn in Deutschland. Mitten in Berlin, mitten im Patriarchat."
Die Protagonistin des Romans…mehr"In meiner Hose ist eine geladene Waffe. Sie ist geladen mit Enttäuschung und Zorn, Hülsen voll Wut. Seit meinem vierzehnten Lebensjahr habe ich eine Mitgliedschaft im Schießverein. So ein bewaffneter Unterleib ist krass, der Rückstoß ist das Heftigste. Das merke ich auch heute wieder, morgens halb zehn in Deutschland. Mitten in Berlin, mitten im Patriarchat."
Die Protagonistin des Romans „Bible Bad Ass“ von Edith Löhle war mir von Anfang an sympathisch. Klara schreibt für ein feministisches Magazin, doch ihr Chef ist leider eher der „typische alte weiße Mann“, weshalb sie auch ständig aneinandergeraten.
„Du bist so alte Welt, Martin. Solange Frauen als Objekte gelten und ihre Körper als Waren gehandelt werden, solange Sex auf Macht basiert, solange das weibliche Geschlechtsorgan ein Schimpfwort ist, solange Frauen bei gleicher Arbeit weniger verdienen als Männer, solange Frauen über Schönheit definiert werden, solange Frauen wegen ihres Geschlechts verfolgt und getötet werden, so lange sind wir alle unfrei. Und du bist sowas von Teil des Problems.“
Als Klara einen Artikel über eine Annina, eine queere Priesterin schreibt, den ich Chef so nicht veröffentlichen will, wird sie beurlaubt. Und landet plötzlich in einem ominösen WhatsApp-Chat mit Frauen, die sich Magdalena, Maria, Ruth, Lilith, …nennen. Klara weiß nicht, was hier los ist. Doch während sie weiter an ihrer Story schreibt und Stress mit ihrem Lebensgefährten Noah hat, melden sich immer mehr Frauen über WhatsApp bei ihr. Klara beginnt zu recherchieren und trifft auf biblische Frauenfiguren, von denen sie noch nie gehört hat oder deren Geschichten falsch wiedergegeben wurden. Klara ist Feuer und Flamme, die Lügen der Kirchenväter aufzudecken. Dass ihre Freunde und ihr Partner sich Sorgen angesichts ihres Verhaltens machen, ist gut nachvollziehbar.
Gegen Ende schwächelt das Buch ein wenig, manches driftete mir zu sehr in den esoterischen Bereich ab. Auch das Ende konnte mich nicht komplett überzeugen; hier hätte ich mir noch mehr „Sisterhood“ gewünscht. Dennoch zeigt es recht gut auf, wie man Wut in Mitgefühl und Liebe umwandeln kann, um eine Veränderung bzw. Verbesserung der Welt möglich zu machen. Wobei ich finde, dass es auch positive Aspekte von Wut gibt
"Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Ist sie weiblich? Ist sie non-binär ist sie menschlich? Was ich aber weiß, ist: In meiner Hose ist eine geladene Waffe. Sie ist geladen mit Weisheit und Vertrauen, Hülsen voll Mitgefühl."
Edith Löhles Debütroman ist eine gelungene feministische Abrechnung mit den Lügen der Bibel und der Kirche, die auch jede Menge Wissenswertes über die weiblichen Figuren der damaligen Zeit bietet.
Die Autorin packt eine Vielzahl feministischer Themen (Rassismus, Sexismus, Heteronormativität, Intersektionalität, …) in ihr Buch, wobei es meiner Meinung nach nicht zu viel ist.
Edith Löhles Schreibstil ist modern und frech, witzige Kapitelüberschriften wie „Muschitation“ u.ä. lockern das Buch au. Die Erzählform mit dem Chatverlauf funktioniert sehr gut.
Das Buch ist einerseits ein feministischer Roman, jedoch auch eine klug recherchierte Auseinandersetzung mit einem patriarchalen System, welches über Jahrtausende hinweg weibliche Stimmen unsichtbar gemacht hat. Es bietet viel Stoff zum Nachdenken und ich habe während der Lektüre des Öfteren etwas nachgeschlagen, um mehr darüber zu erfahren. Dabei hat sich gezeigt, dass die Autorin wirklich gründlich recherchiert hat, großes Lob!
Interessant fand ich übrigens auch die Version des aramäischen Vaterunsers nach Neil Douglas-Klotz (gerne mal nachlesen, ich fand es sehr erhellend - auch für alle, die mit der Kirche so ihre Probleme haben):
"Das Nichtglauben fühlt sich für mich so an wie ein leerer Magen. An nichts zu glauben, würde mich also mit einem Hungergefühl zurücklassen. Mit einem unbefriedigenden Nichts. Aber: Der Gedanke an die Kirche fühlt sich für mich an wie eine vergorene Milch, längst abgelaufen und so nicht mehr genießbar. 'Wahrscheinlich ist der Glaube gelernt. Das Vaterunser hat mich früher, als Kind, gebettet. Und heute habe ich ein Problem mit dem Inhalt, aber es fühlt sich trotzdem an wie Heimat.'"
Die Textstellen mit den Überschriften "Warum bin ich so geladen?" fand ich übrigens besonders gelungen!
Die zitierten Songtitel im Laufe des Buchs untermalen die Story auch musikalisch.
Das Buch wird sicher nicht die breite Masse ansprechen, mich hat es jedoch sehr angesprochen.
Meiner Meinung nach ist es nicht nur für religiöse Menschen zu empfehlen, da es zwar Themen anspricht, die oft mit der Bibel in Verbindung stehen, jedoch auch für die meisten weiblich gelesenen Personen von Bedeutung sind.
Trotz kleinerer Schwächen vergebe ich 4 von 5 Sternen und kann das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen!