Wie wird man ein gebildeter Mensch? Bildung - eine Anleitung von Jan Roß zeigt Ihnen, wie Sie Zugang zu dieser scheinbar schwierigen und verschlossenen Welt finden. Bildung ist mehr als nur Information und Wissen - sie verspricht Orientierung und Dauerhaftigkeit, das, was wirklich Bestand hat und lohnt.
Dieses Buch begleitet Sie auf eine faszinierende Reise durch die Kulturgeschichte der Menschheit. Von der Akropolis und dem antiken Rom über Shakespeare, Kant und Dostojewski bis hin zu Wissenschaftlern wie Darwin und Revolutionären wie Rosa Luxemburg - entdecken Sie das reiche Erbe der Dichter, Denker und Künstler.
Jan Roß enthüllt das magische Losungswort, mit dem Sie diesen Schatz zum Sprechen bringen und zu Hilfe rufen können. Lernen Sie die Zauberformel kennen und verstehen Sie, dass Bildung letztlich etwas sehr Einfaches bedeutet: dass wir nicht allein sind beim Versuch, das Leben zu meistern und die Welt zu verstehen.
Wenn Sie bereit sind, sich auf dieses Abenteuer einzulassen und Teil dieser faszinierenden Gemeinschaft zu werden, dann ist Bildung - eine Anleitung genau das richtige Buch für Sie.
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so nah!
Jan Roß, die Johannespassion und die Bildung
VON CHRISTOPH BARTMANN
Bildung – Eine Anleitung“, der Titel des Buches von Jan Ross ruft eine nicht ganz neue bürgerliche Sorge auf, wie sie etwa vor zwanzig Jahren schon Dietrich Schwanitz in seinem Bestseller mit dem deutlich forscheren Titel „Bildung. Alles, was man wissen muss“ artikuliert hat. Auch der Philosoph Konrad Paul Liessmanns hat dieses Feld in den letzten Jahren gründlich beackert, zuletzt mit dem Essay „Bildung als Provokation“. Darin zeigt er, dass Bildung zwar ständig vermisst und gefordert wird, dass man aber gleichzeitig den oder die „Gebildete“ heutzutage heute eher als Irritation oder eben „Provokation“ wahrnimmt. In solchen Einschätzungen ebenso wie in der Skepsis gegenüber einem „Wissen“ wie in „Wissensgesellschaft“ trifft sich Liessmann mit Jan Roß – mit dem Unterschied, dass Roß nicht kritisieren und noch weniger polemisieren, sondern sich von den schönen Gegenständen der Bildung berühren lassen will. Wie das gelingen kann, soll in seiner „Anleitung“ gezeigt werden.
Roß bringt für dieses Vorhaben eine günstige Bildungsbiografie mit. Er ist Redakteur bei der Zeit und war zuletzt ihr Korrespondent in Indien. Er war zuvor bei der FAZ und studierte Klassische Philologie und anderes, vor allem bei Walter Jens in Tübingen. Sein akademisches Hamburger Elternhaus war dem früh verspürten Bildungstrieb ebenfalls förderlich. Mit fünfzehn hat der junge Roß im Hamburger „Michel“ sein „Bach-Erlebnis“, beim Schlusschor der Johannespassion. „Ich erinnere mich nicht mehr“, schreibt er, „ob mir viel durch den Kopf ging, als das Klangmeer mich überrollte. (…) Ich weiß nicht, ob es eine Auferstehung gibt, ob Gebete erhört werden, ob irgendetwas, das wir Menschen glauben, sagen oder tun, die Gräber öffnen und den Tod besiegen kann. Aber dies hier, diese Musik, das ist auf jeden Fall unsere beste Chance.“
Die hier formulierte Erwartung an Bildung und die Bereitschaft zu ihr ist demnach eine hohe, wenn nicht eine absolute. Keine „Anleitung“ kann das Tor zu einer solchen Bildung öffnen, noch weniger ein Curriculum oder ein Kanon. Vielleicht hätte Roß sein Buch besser „Bildung – Eine Anstiftung“ nennen sollen, denn darum geht es: Um die Geschichte der eigenen „Bildsamkeit“ (um Herbarts pädagogischen Grundbegriff zu verwenden) und mögliche Strukturelemente dieses individuellen Bildungsvorgangs, die anderen Bildsamen auf die Sprünge helfen mögen.
Zur Bildung gehört freilich an vorderster Stelle Empfänglichkeit, und zwar nicht für irgendwelche, sondern für bestimmte, kulturell vorsortierte Inhalte. Nicht zufällig hat ja der junge, hochgestimmte Roß ein Bach- und kein anderes Erlebnis und findet es auch Jahrzehnte später noch bedeutend. Aber hat man in der Pubertät nicht mancherlei Erlebnisse, nicht nur im Kulturellen? Und wären die nicht auch bildungsfähig, ja geradezu –pflichtig, und wie holte man die hinein in den Begriff und die Praxis von Bildung? Roß räumt selbst ein, dass sein eigener Bildungsschatz, wenn auch universell nützlich, so doch sachlich limitiert ist. Viel Dichtung und Musik, Philosophie und Geschichte, weniger bildende Kunst oder Film, noch weniger Ingenieurs- und Technikwissen.
Es geht bei ihm um die gute, alte „Allgemeinbildung“, der das noch ältere Motiv der „Herzensbildung“ nicht fremd ist. Bildung, wie Roß sie erlebt und praktiziert hat, hat einen historischen Kern. Immer ist schon etwas da, das einen belehrt, erschüttert und bereichert, etwas, das man nicht erst erfinden muss, weil es schon erfunden ist. Für Roß geht die Bildung von Shakespeare aus, der selbst gebildet war, und mehr noch von den alten Griechen, die sich Bildung weniger von anderswoher erwarben als sie selbst erst zu schaffen. Der Bildungsmensch, wie Roß ihn entwirft, ist freilich eher ein rezeptives als ein erschaffendes Wesen. Aber müssten dem Bildungsprozess nicht ständig neue Erkenntnisse und Schönheiten zufließen, damit er nicht antiquarisch wird?
Aber das ist Roß’ Sorge nicht. Er hat sein Glück gefunden mit den Bildungsgegenständen, die er wählte (oder die ihn wählten). In zwölf Kapiteln, die manches Anekdotische aus Kindheit und Jugend, Ehe und Familie sowie aus den Korrespondentenjahren in Indien und Amerika mit befördern, zeigt Roß plausibel, wozu Bildung gut ist und wie weit ihre Wirksamkeit reicht. Fiktion und Mimesis sind dabei entscheidend, sagt er. Ohne künstlerische Welterzeugung gibt es gar keine Welt. Kritik ist notwendig, findet er, aber nicht hinreichend. Bildung lebt von der Bewunderung des Schönen und Guten. Bildung erzieht zur Freiheit und Aufmüpfigkeit. Bildung gibt dem Leben „wahre Tiefe“. Und mit Bach tun sich vielleicht sogar die Gräber auf.
Wer wollte da widersprechen? Nur ist die empirische Wahrscheinlichkeit des Bach-Erlebnisses, das einst den jungen Roß beflügelt hat, seither stark gesunken. Roß unternimmt viel, um den Verdacht des „Eurozentrismus“ zu entkräften; aber die vielen Verweise auf die indische Hochkultur helfen dabei wenig. Die bildungsmäßigen Voraussetzungen, die jemand wie Roß noch selbstverständlich mitbrachte, sind heutigen Bildungsgenerationen nur im Ausnahmefall gegeben. Wer von Bildung spricht, assoziiert fast unmittelbar das Wort „bildungsfern“. Manchmal fällt indes auch Roß selbst durch Bildungsferne auf, etwa wenn er gönnerhaft konstatiert: „Jedenfalls sind Multiplex und Netflix (…) vollkommen geeignete und respektable Initiationsinstanzen zu lohnenden Kulturgütern.“ Nur weil beide auf „x“ enden, sollte man sie dennoch nicht in einen Topf werfen.
Man gönnt Jan Roß seine Bildungsfreude und man teilt sie auch in vielen Gegenständen. Aber geht es letztlich hier nicht doch nur um eine ganz bestimmte, nämlich seine Bildung? Um anstiftend auch auf diejenigen zu wirken, die mit Handicaps an den Start des Bildungsweges gehen oder die sich von ganz anderen Bildungserlebnissen berühren lassen, wäre mehr Realismus gut gewesen.
Jan Roß: Bildung – Eine Anleitung. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2020. 320 Seiten, 22 Euro.
Ohne künstlerische
Welterzeugung gibt
es gar keine Welt
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