Gertrud Kolmar (1894-1943) zählt heute zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikerinnen, zu Lebzeiten war sie aber weithin unbekannt. So blieb ihr Werk vor dem Krieg zum größten Teil ungedruckt. In den letzten Jahren hat sich der Göttinger Wallstein Verlag um eine umfassende Veröffentlichung ihres
Gesamtwerkes verdient gemacht. Nach dem „Lyrischen Werk“, den „Dramen“ und dem Roman „Die jüdische…mehrGertrud Kolmar (1894-1943) zählt heute zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikerinnen, zu Lebzeiten war sie aber weithin unbekannt. So blieb ihr Werk vor dem Krieg zum größten Teil ungedruckt. In den letzten Jahren hat sich der Göttinger Wallstein Verlag um eine umfassende Veröffentlichung ihres Gesamtwerkes verdient gemacht. Nach dem „Lyrischen Werk“, den „Dramen“ und dem Roman „Die jüdische Mutter“ ist nun ein Band mit Briefen erschienen. Es ist zwar schon (ab 1970) die dritte Ausgabe der Kolmar-Briefe, sie wurde aber durch zahlreiche bisher nicht veröffentlichte Briefe ergänzt.
Der Band enthält sämtliche Nachschriften Gertrud Kolmars zu Briefen von Familienangehörigen sowie Briefauszüge, die nur noch in Schreibmaschinenabschriften vorliegen. Dar-über hinaus wurden auch Auszüge aus Schreiben von Angehörigen angefügt, was mitunter das Verständnis verbessert. Der Großteil der Briefe sind Schreiben an die Familienangehörigen, vor allem an ihre Schwester Hilde Wenzel. Diese hob die Briefe im Wissen um ihre dokumentarische und literarische Einzigartigkeit auch sorgfältig auf.
Gertrud Kolmar vertraute ihrer Schwester, die sich um den Aufbau einer Buchhandlung bemühte, auch zahlreiche Manuskripte und Buchveröffentlichungen an. In diesen Briefen kommt die große Bindung an die jüdische Familie zum Ausdruck, aber sie berichtet ihrer Schwester auch immer wieder von ihren momentanen literarischen Arbeiten, was mitunter zu einer „Fachsimpelei“ führte. Auch Gedanken und Pläne zur Auswanderung werden gelegentlich angesprochen. Die Absichten kamen jedoch zu spät, im Frühjahr 1943 wird Gertrud Kolmar verhaftet und nach Auschwitz deportiert und wahrscheinlich sofort nach ihrer Ankunft ermordet.
Neben den Briefen an die Schwester und die Familienangehörigen enthält die Ausgabe auch Schreiben an den Philosophen und Literaturkritiker Walter Benjamin, an die Schauspielerin und Schriftstellerin Leni Steinberg und den Schriftsteller Jacob Picard. In der Korrespondenz an Leni Steinberg, die nach Vermont (USA) emigriert war, erkundigt sich Kolmar z.B. „nach Möglichkeiten, in Vermont Arbeit zu finden“.
Komplettiert wird die Ausgabe durch einen umfangreichen Anhang. Ein Kommentarteil erläutert die sachlichen und biographischen Zusammenhänge. Die Herausgeberin Johanna Woltmann gibt neben einem „editorischen Bericht“ in einem Nachwort einen kurzen Überblick über Leben und Werk von Gertrud Kolmar, zusätzlich ergänzt durch einen tabellarischen Abriss der Lebensdaten und durch einen vereinfachten Familienstammbaum. Weiterhin wird der Band durch ein Verzeichnis der Briefe, ein Register sowie eine Bibliographie vervollständigt. Fazit: Eine würdige Fortsetzung der Gertrud-Kolmar-Edition.