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Atze Schmidt, der von 1987 unter anderem als Redakteur der Zeitschrift "China heute" und Lektor eines Staatsverlags siebzehn Jahre in China verbracht hat, rekapituliert seinen Auslandsaufenthalt zugleich als Selbstsuche und Retrospektive historischer Reformen und Repressionen, der "Entwicklungs-Euphorie" und Umbrüche. Locker, aber solide recherchiert erzählt er von Garküchen und Wochenmärkten, dem verschwindenden Lokalgefüge und von Heimatvertriebenen der neuen Hochhausviertel. Er berichtet von den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 und der folgenden Stagnation, Deng Xiaopings Reise in den Süden Chinas und den Ausbau der Sonderwirtschaftszonen bis zum postmodernen Hedonismus, wie er sich im Marken-Wahn oder in architektonischen Kopien ganzer Dörfer äußert. Umgekehrt erläutert er Grundzüge der Mentalität - etwa das Konzept der "Guanx" (Netzwerke) als Gesellschaftskitt im Schnittpunkt von Gefälligkeit und Korruption. Ein Recherchefokus jenseits westlicher Besserwisserei liegt auf "Chinas langem Weg zum Umweltschutz" und dem rudimentären Sozialversicherungssystem. Ferner beschreibt der Autor Reisen mit dem Überlandbus in entlegene Regionen zu Minoritäten wie den Miao. Dabei geht Schmidt auf die Geschichte von Unterdrückung und Widerstand indigener Völker ein. Andererseits hebt er Chinas Kunst der Zensurumgehung als Schulung des verlorenen Selbst und der Aufrichtigkeit des Ichs hervor, wenn etwa ein Schlager um eine entzweigebrochene Liebe unausgesprochen das gebrochene Verhältnis zur Partei symbolisiert.
sg
"China tickt anders." Jahre einer intensiven Begegnung" von Atze Schmidt. interconnections, Freiburg 2013. 192 Seiten, zahlreiche Fotos. Broschiert, 15,90 Euro.
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