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Eine junge Frau bezieht ein winziges Zimmerchen im heruntergekommenen Morningside Heights. Das Jahr ist 1979, und S.H. kommt direkt aus der amerikanischen Provinz; daher ihr Spitzname: "Minnesota". Das wilde New York lockt, und sie, die Schriftstellerin werden will, genießt den Schmutz wie den Glanz, das turbulente Leben wie die Einsamkeit. Alles Neue saugt sie begierig in sich auf. So auch, durch die papierdünnen Wände zur Nachbarwohnung, die oft skurrilen Monologe und gesungenen Mantras ihrer Nachbarin: Lucy Brite, liest sie auf dem Klingelschild. Doch mit der Zeit wünscht sie, sie hätte…mehr

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Produktbeschreibung
Eine junge Frau bezieht ein winziges Zimmerchen im heruntergekommenen Morningside Heights. Das Jahr ist 1979, und S.H. kommt direkt aus der amerikanischen Provinz; daher ihr Spitzname: "Minnesota". Das wilde New York lockt, und sie, die Schriftstellerin werden will, genießt den Schmutz wie den Glanz, das turbulente Leben wie die Einsamkeit. Alles Neue saugt sie begierig in sich auf. So auch, durch die papierdünnen Wände zur Nachbarwohnung, die oft skurrilen Monologe und gesungenen Mantras ihrer Nachbarin: Lucy Brite, liest sie auf dem Klingelschild. Doch mit der Zeit wünscht sie, sie hätte nicht so genau hingehört. Immer dringlicher werden Lucys Gesänge, immer klagender. Von Misshandlung ist die Rede, von Gefangenschaft, von Kindstod, ja von Mord. Nach und nach wird die Nachbarin zu einer immer schrecklicheren Obsession. Bis eines Nachts ein dramatisches Ereignis in Minnesotas Wohnung Lucy Brite in Person auf den Plan ruft - und nun beginnt ein Geheimnis sich zu lüften... Vierzig Jahre später erzählt die gealterte S.H., inzwischen eine anerkannte Schriftstellerin und Wissenschaftlerin, was davor und danach geschah: erzählt von Frauensolidarität und Männerwahn, von Liebe und Geschlechterkampf, von Gewalt und Versöhnung. Erzählt aber auch vom Mysterium der Zeit, von Erinnerung und Phantasie, von der Art und Weise, wie alles im Leben zu Geschichten wird, erzählt vom Erzählen. Und das mit einer unbändigen Lust daran, die uns wünschen lässt, das Buch wäre nie zu Ende.

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Autorenporträt
Siri Hustvedt wurde 1955 in Northfield, Minnesota, geboren. Sie studierte Literatur an der Columbia University und promovierte mit einer Arbeit über Charles Dickens. Bislang hat sie sieben Romane publiziert. Mit Was ich liebte hatte sie ihren internationalen Durchbruch. Zuletzt erschienen Die gleißende Welt und Damals. Zugleich ist sie eine profilierte Essayistin. Bei Rowohlt liegen von ihr die Essaybände Nicht hier, nicht dort, Leben, Denken, Schauen, Being a Man, Die Illusion der Gewissheit und Eine Frau schaut auf Männer, die auf Frauen schauen vor. Uli Aumüller übersetzt u. a. Siri Hustvedt, Jeffrey Eugenides, Jean Paul Sartre, Albert Camus und Milan Kundera. Für ihre Übersetzungen erhielt sie den Paul-Celan-Preis und den Jane Scatcherd-Preis. Grete Osterwald, geboren 1947, lebt als freie Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen in Frankfurt am Main. Sie wurde für ihre Arbeit mehrmals ausgezeichnet, zuletzt 2017 mit dem Jane Scatcherd-Preis. Zu den von ihr übersetzten Autorinnen und Autoren zählen Siri Hustvedt, Alfred Jarry, Anka Muhlstein, Jacques Chessex sowie Nicole Krauss, Jeffrey Eugenides und Elliot Perlman.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

"Ich bin daran interessiert, zu verstehen, wie sie und ich miteinander verwandt sind", schreibt die 61-jährige Siri Hustvedt über ihr 23-jähriges jüngeres Selbst. Bei einem Umzug findet sie das Tagebuch ihres ersten Jahres in New York. Damals, als sie jung war und Minnesota genannt wurde, schreibt sie an ihrem ersten Roman, pilgert zu Dichterlesungen, feiert mit ihrer Freundin Whitney im Studio 54 und ist zeitweise so pleite, dass sie in Abfalleimern nach ihrem Abendessen sucht. Mit einem Stethoskop an der Wand transkribiert S. H. die Lucy-Brite-Monologe - und rätselt mit ihrer Clique, der Fünferbande, wie die exzessiven Selbstgespräche ihrer Nachbarin zu deuten sind. Ständige Begleiterin wird nach einem Übergriff die Baroness, ein 14-cm-Stiletto-Springmesser - getauft nach ihrer geistigen Leitfigur Elsa von Freytag-Lothringen. Vergangenheit und Gegenwart verschieben sich ineinander, denn während Hustvedt ihre Erinnerungen mit den Aufzeichnungen abgleicht und reflektiert, wird sie mit dem zerfallenden Kurzzeitgedächtnis ihrer 93-jährigen Mutter konfrontiert. Diese vergisst die Gegenwart und zieht sich in die Vergangenheit zurück, ihre Tochter folgt ihr auch dorthin. Siri Hustvedt erfindet ihre eigene introspektive Detektivin, die durch die Zeit reist, um wieder eins zu werden in der vierten Dimension.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)

Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Rezensentin Verena Lueken hat sich von Siri Hustvedt ins wunderbare Reich der Fiktion entführen lassen, in dem "Wissen, Erlebtes, Erlesenes und Gefühl" eins werden. Dabei folgt sie der Schriftstellerin voller Bewunderung, wenn sie sich als Sechzigjährige an die junge Frau erinnert, die 1978 nach New York kam, um die Zukunft zu erobern. Lueken gefällt Hustvedts Spiel mit den Identitäten, mit Rollenzuweisungen und Spiegelungen, sie folgt den verschiedenen Erzählsträngen und -ebenen mühelos und wechselt zwischendurch auch noch zu Hustvedts Essays, in denen sie das gleiche Nachdenken über falsche Gegenüberstellungen - Inhalt und Form, Gefühl und Vernunft, Körper und Seele, Mann und Frau - findet, wie in diesen Erinnerungen an die Zukunft von einst.

© Perlentaucher Medien GmbH
Wo waren wir, wo werden wir sein? Große Fragen, eindringlich literarisch beantwortet. Ute Büsing RBB Inforadio "Quergelesen" 20190407