Wieder gescheitert
Was ich zum Roman „Dein Name“ geschrieben habe, stimmt auch für Kermanis neues Buch. In Wirklichkeit ist der Roman ein Tagebuch, diesmal aber um die Hälfte kürzer mit nur noch 591 Seiten. Wieder fehlt ein Inhaltsverzeichnis, doch diesmal habe ich mich an seine Sprache offenbar
mehr gewöhnt.
Oder gibt es doch eine Struktur? 365 Kapitel, also 365 Tage. Um die 150 sind…mehrWieder gescheitert
Was ich zum Roman „Dein Name“ geschrieben habe, stimmt auch für Kermanis neues Buch. In Wirklichkeit ist der Roman ein Tagebuch, diesmal aber um die Hälfte kürzer mit nur noch 591 Seiten. Wieder fehlt ein Inhaltsverzeichnis, doch diesmal habe ich mich an seine Sprache offenbar mehr gewöhnt.
Oder gibt es doch eine Struktur? 365 Kapitel, also 365 Tage. Um die 150 sind einige Tage leer. Also nichts zu sagen. Vieles dagegen über die Trauer der Ich-Erzählerin wegen ihrer toten Mutter. Und dann noch das Projekt ungelesene Bücher der Autoren bis S lesen zu wollen. Das bindet etwas, wenn auch nicht stark.
Ja, ich habe echte Höhepunkte gefunden: So wird auf S.32 Peter Altenberg zitiert: „Der Mann hat eine Liebe – die Welt! Die Frau hat eine Welt – die Liebe!“
Auf S.96 findet sich ein Zitat von Meister Eckart: „Soll das Herz vollkommene Bereitschaft haben, so muß es beruhen auf reinem Nichts.“
Und welch beeindruckende Kirchenbeschreibung lese ich auf S. 120: „Nach Gott gesehnt, deshalb nach Groß Sankt Martin gegangen, wo Nonnen und Mönche fünfmal am Tag beten. Das Gehabe haben sie abgelegt, die Hierarchie, soweit es möglich ist, die Männerlastigkeit und den Prunk, so daß die Schönheit des Christentums zutage tritt, die Musik, die Liebe, die Anmut, auch der orientalische Ursprung und die Marienverehrung, also nicht gegen die Tradition, vielmehr in älterer Tradition.“
Dann schreibt Kermani auf S. 198: „Der Reiseführer nennt jede Ortschaft malerisch, in der noch alte Häuser stehen, malerisch ist nicht bloß das häufigste, es ist beinah das einzige Attribut. An Orte, die nicht malerisch sind, vergibt er einfach kein Attribut. Sie sind eigenschaftslos.“
Theologisch wird es auf S.213, als die Ich-Erzählerin sinniert, dass die Nächstenliebe zu lasten der eigenen Leute geht: „Findet sich im Evangelium ein freundliches Wort über Maria aus seinem [Jesus] Mund? Oder gar über Josef? Über die Nachbarn in Nazareth, die Menschen in Jerusalem, sein eigenes Volk, das mit der Unterdrückung leben muß? Nicht ehre deine Eltern, sondern wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert.“
Und so kam weiter voran, als in seinem letzten Roman, doch langsam verlor ich die Lust. Nach dem Kapitel 200 auf Seite 289, mitten im Sommer, dachte ich, es Zeit die Reißleine zu ziehen und das Buch als Weihnachtsgeschenk für den nächsten vorgemerkten Kunden in die UB zurückzubringen.
Abgebrochene Bücher bekommen nur einen Stern. Diesmal bedauere ich das sehr. Ich wünsche mir, dass meine Nachfolgerin länger durchhält, den zweiten Teil ebenso ausführlich beschreibt und von mir noch einen Extrastern hinzufügt. Doch ich muss mich an meine Regel halten. Leider!