Als ich das Vorwort las, bekam ich ein sehr ungutes Gefühl: Alles sauber durchgegendert, schön unästhetisch mit Gender-Sternchen, triefend vor wokem Aktionismus und die moralische Keule bereits im Niedersausen: Europa böse, Ägypten guuuut.
Die Beiträge haben den Verdacht dann aber nicht bestätigt,
sieht man von Eva Maria Schnurrs „Interview“ einmal ab, in dem der Historiker Jürgen Zimmer die…mehrAls ich das Vorwort las, bekam ich ein sehr ungutes Gefühl: Alles sauber durchgegendert, schön unästhetisch mit Gender-Sternchen, triefend vor wokem Aktionismus und die moralische Keule bereits im Niedersausen: Europa böse, Ägypten guuuut.
Die Beiträge haben den Verdacht dann aber nicht bestätigt, sieht man von Eva Maria Schnurrs „Interview“ einmal ab, in dem der Historiker Jürgen Zimmer die Rückgabe der Nofretete fordern darf, mit strategisch unterstützenden „Fragen“ der Interviewerin. Wie überall in der sogenannten „postkolonialen Debatte“ werden hier Fakten verschwiegen oder verkürzt, wenn sie nicht ins Konzept passen, gerne auch mal die Unwahrheit verbreitet, wenn‘s der „guten“ Sache dient. Geschichten statt Geschichte. Hat in einem Sachbuch meiner Meinung nach nichts zu suchen. Auffällig auch, dass nur Museumsdirektorinnen zu Wort kommen. Männer sind in Führungspositionen von Museen tatsächlich eine aussterbende Spezies, ohne dass sich ein wokes Interessengrüppchen bisher darüber echauffiert hätte. Männer böse, Frauen guuuut.
Die Beiträge sind bereits 2020 im Band „Das alte Ägypten“ der SPIEGEL-Reihe Geschichte erschienen, sind also nicht mehr ganz taufrisch, aber inhaltlich, soweit ich es beurteilen kann, immer noch richtig. Es gab in der Zwischenzeit weitere Theorien und natürlich auch Entdeckungen, die besprochenen Themen bleiben davon aber weitgehend unberührt.
Nicht zufrieden war ich mit dem Themenbereich Alltagsleben. Der Untertitel des Buches „Wie die Menschen im Reich der Pharaonen lebten“ suggeriert, dass der Alltag der normalen Leute im Mittelpunkt steht, ein Gebiet, über das es fast keine Laienliteratur gibt. Leider löst auch dieser Band das Rätsel nicht. Hier findet man die üblichen Kapitel mit Bezug zur Oberschicht: Religiöse Ansichten und Rituale, die Rolle des Pharaos, Schriftkultur, Wissenschaft und Medizin etc.. Alles schon gelesen, leider nur sehr wenig Neues darunter, aber unbestritten haben die Autoren eine gute „Schreibe“. Die Beiträge sind kurzweilig und anschaulich.
Wer einen gut lesbaren Einstieg zu verschiedenen Aspekten der Ägyptologie sucht, ist mit dem Buch gut bedient. Man muss sich aber im Klaren sein, dass es isolierte Einzelbeiträge sind, ohne das Ziel einer vollständigen (oder auch nur annähernd vollständigen) Darstellung. Es gibt kein übergeordnetes Konzept, außer dem „du sollst gut unterhalten werden“. Da gibt es deutlich systematischere, besser strukturierte und wesentlich vollständigere Monografien zum Thema.