Eine unscheidbare Ehe
„Das deutsche Scheidungsrecht [sehe] keine Trennung zwischen Autor und Kritiker“ vor, meinte Günter Grass (234). Und in der Tat ist es Grass, der unter den Verrissen von Reich-Ranicki leiden muss. Diesen Einwand muss ich gelten lassen, ein echtes Duell ist das
nicht.
Anderes kann ich nicht nachvollziehen. Weidermann hat kein Buch für Germanisten geschrieben, sondern für…mehrEine unscheidbare Ehe
„Das deutsche Scheidungsrecht [sehe] keine Trennung zwischen Autor und Kritiker“ vor, meinte Günter Grass (234). Und in der Tat ist es Grass, der unter den Verrissen von Reich-Ranicki leiden muss. Diesen Einwand muss ich gelten lassen, ein echtes Duell ist das nicht.
Anderes kann ich nicht nachvollziehen. Weidermann hat kein Buch für Germanisten geschrieben, sondern für Leser, die Grass und Reich-Ranicki kennen, aber kaum Bücher von Ihnen oder gar über sie gelesen haben.
Nach einem kurzen Prolog geht der Autor chronologisch vor und beschreibt die Kriegsbiografie der beiden Weichselkinder, der verfolgte Jude und der Schüler und überzeugte Nazi in der SS. Auch die Nachkriegszeit der beiden verläuft getrennt bis sie sich auf S.130 1958 in Warschau im Hotel Bristol erstmals treffen.
Ich will nicht jedes Buch von Grass kommentieren, erstaunlich ist aber die Reaktion von Reich-Ranicki auf die Verleihung des Nobelpreises 1999 an Grass: „Deutschland sei einfach dran gewesen mit dem Nobelpreis, sagt er, und nun solle man sich vorstellen Martin Walser wäre der Preis zugefallen: „Das wäre ein schwerer Schlag für mich. Oder gar dem dümmlichen Peter Handke! Eine Katastrophe!“ (275)
Man mag das Werk als Jugendbuch bezeichnen. Wer die Materie nicht kennt, liest es flüssig und gerne. Nur ein Inhaltsverzeichnis vermisse ich wie bei Weidermanns letztem Buch wieder. 4 Sterne
Zitat: Politik will aufklären, indem sie zu überzeugen versucht, während Literatur aufklärt, indem sie Zweifel betreibt. (Günter Grass S.212)