Immer wieder wird in den Medien über Millionenboni berichtet, die Investmentbanker jährlich von ihren Arbeitgebern als Gewinnbeteiligung erhalten. Doch wie sind diese exorbitanten Gehälter überhaupt möglich? Ist das alles legal und wer zahlt am Ende die Zeche? In seiner Autobiografie beschreibt Gary
Stevenson seine Zeit als Händler bei der Citibank von 2008 bis 2014, als die Finanzkrise begann und…mehrImmer wieder wird in den Medien über Millionenboni berichtet, die Investmentbanker jährlich von ihren Arbeitgebern als Gewinnbeteiligung erhalten. Doch wie sind diese exorbitanten Gehälter überhaupt möglich? Ist das alles legal und wer zahlt am Ende die Zeche? In seiner Autobiografie beschreibt Gary Stevenson seine Zeit als Händler bei der Citibank von 2008 bis 2014, als die Finanzkrise begann und das globale Finanzsystem am Abgrund stand. Stevenson stammt aus ärmlichen Verhältnissen, flog als Drogendealer von der Schule und studierte dennoch an der LSE (London School of Economics and Political Science), die neben Harvard, Oxford und Cambridge den besten Ruf hat.
Getrieben von Ehrgeiz und dem Willen, viel Geld zu verdienen, schaffte er es, vom Trainee zum erfolgreichsten Händler bei der Citibank zu werden und jährliche Boni in zweistelliger Millionenhöhe zu verdienen. Doch mit der Zeit merkte er, dass ihn das Geldverdienen nicht mehr befriedigte und ihn schließlich in eine Depression stürzte. Die Finanzkrise sah er nicht nur als Vertrauensverlust, sondern als eine große Umverteilung von Vermögen, bei der vor allem die Mittelschicht massiv an Wohlstand verloren hat. Er beschloss, aus dem Unternehmen auszusteigen, was ihm lange Zeit von seinem Arbeitgeber erschwert wurde.
Es ist für mich eindrucksvoll und erschreckend zugleich, mit welcher Unbekümmertheit diese Menschen mit dreistelligen Milliardenbeträgen spekulierten und dabei die Risiken kaum eine Rolle spielten. Gerade in turbulenten Zeiten wie der Finanz- und Eurokrise liefen die Geschäfte auf Hochtouren und jeder Trader versuchte, den anderen zu übertrumpfen. Der Wettbewerb um die höchsten Gewinne führt dazu, dass moralisches Handeln in den Hintergrund tritt und die reine Gier regiert, von den Exzessen während und nach der Arbeit ganz zu schweigen.
Stevenson vermittelt in Ansätzen auch fachliche Grundlagen seiner Arbeit. So erfährt der Leser nebenbei, wie Devisenswaps funktionieren und mit welchen Maßnahmen die Zentralbanken den Spekulanten das Geschäft verderben können. Er erfährt auch, wie das Zinsmanagement der Zentralbanken funktioniert, wie sich Zinssenkungen und Zinserhöhungen (normalerweise) auswirken und warum es nach der Finanzkrise eine so lange Phase der Nullzinspolitik gab.
Stevensons schreibt eingängig und spannend, auch wenn mich an manchen Stellen seine derbe Ausdrucksweise gestört hat. Sobald er seine Motivation verliert und kein Interesse mehr an seiner Arbeit hat, dominiert eine depressive Grundstimmung, die bis zu seiner Versetzung nach Japan und seinem Ausscheiden anhält. Aber alles ist für mich glaubwürdig und nachvollziehbar gewesen.
„Das Milliardenspiel“ ist, auch wenn der Untertitel „Wie man eine Bank ausraubt - und den Rest gleich mit“ es vermuten lässt, kein Bericht über einen kriminellen Coup, sondern die spannende Autobiografie eines Traders, der mit Spekulationsgeschäften extrem viel Geld verdiente, dann vorgeblich sein Gewissen entdeckte und ausstieg. Die schmutzigen Millionen hat er natürlich mitgenommen.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)