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In eigener Sache: Lasha Bugadzes "Der erste Russe"
Ein junger georgischer Autor schreibt in ein paar schlaflosen Nächten eine Novelle. Dann trifft er auf seinen Freund Akako, der gerade eine neue Kulturzeitschrift in Tiflis lanciert und das vierzehnseitige Werk in die erste Ausgabe einrückt. Kein Mensch nimmt groß Notiz von dem ambitionierten Projekt, bis sich ein Leser über die Novelle erregt: Sie sei blasphemisch, denn sie spotte über den Körper der georgischen Königin Tamara, die das Land vor achthundert Jahren regierte und inzwischen heiliggesprochen ist.
Der Autor weiß nicht, wie ihm geschieht, aber der Zeitschriftenherausgeber sieht die Chance, sein Blatt bekannt zu machen und heizt die Kontroverse an, indem er den Text politisch deutet. Der Autor aber wird wüst beschimpft, besonders von Menschen, die seine Novelle offensichtlich nicht gelesen haben, er wird, wiederum von Nichtlesern, für Zeitungen und im Fernsehen interviewt, er erlebt nächtlichen Telefonterror bis hin zur Drohung, ihn zu entführen, und schließlich schaltet sich die orthodoxe Kirche ein: Ob er sich nicht öffentlich entschuldigen wolle? Man rate ihm gut, denn "heutzutage", so der Kirchenfunktionär, werden Menschen "doch so leicht umgebracht".
Lasha Bugadze, der in Georgien äußerst erfolgreiche Fernsehsendungen verantwortet und auch hierzulande als Romanautor bekannt geworden ist, schildert in "Der erste Russe" nicht nur die Geschichte des Skandals, in den er selbst im Januar 2002 geraten ist. Er schildert vor allem die Mechanismen, die dabei wirksam wurde und so nichts Geringeres als die Verfasstheit der georgischen Gesellschaft unter Eduard Schewardnadse, dem Bugadze eine spöttisch-liebevolle und hinreißend komische Nahaufnahme widmet.
Den Druck, den die Kirche und ihre Funktionäre auf den Autor ausüben, sich von seinem Werk zu distanzieren, schildert Bugadze auch. Und ebenfalls, wie er sich schließlich doch noch entschuldigt. Nicht bei der Kirche. Aber in einem Brief in die georgische Vergangenheit bei der Königin Tamara höchstpersönlich.
spre.
Lasha Bugadze: "Der erste Russe". Roman.
Aus dem Georgischen von Rachel Gratzfeld und Sybilla Heinze. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2018. 480 S., geb., 26,- [Euro].
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