Die Idee finde ich als Poirot-Fan wunderbar: Ein Reiseführer durch die Welt der Agatha Christie, mit Steckbriefen der Orte, an denen die Krimi-Königin ihr Leben verbrachte oder die als Filmkulisse für die berühmten Verfilmungen der Poirot- und Miss Marple-Filme dienten. Stefanie Bisping ist auf den
Orient-Express aufgesprungen und hat genau das gemacht: Sie ist auf den Spuren von Christies…mehrDie Idee finde ich als Poirot-Fan wunderbar: Ein Reiseführer durch die Welt der Agatha Christie, mit Steckbriefen der Orte, an denen die Krimi-Königin ihr Leben verbrachte oder die als Filmkulisse für die berühmten Verfilmungen der Poirot- und Miss Marple-Filme dienten. Stefanie Bisping ist auf den Orient-Express aufgesprungen und hat genau das gemacht: Sie ist auf den Spuren von Christies Biografie, sucht Orte, die für die Autorin Bedeutung hatten, an denen sie lebte und arbeitete, liefert historischen Hintergrund, aber auch Informationen, ob und wie man den Ort heute besuchen kann. Da es einen sehr ausgeprägten Agatha-Christie-Tourismus in Großbritannien gibt, bei dem jeder Fleck, an dem sich die Krimi-Queen länger als fünf Minuten aufgehalten hat, eine blaue Gedenkplakette erhält, war die Aufgabe recherchemäßig übersichtlich.
Für mich spannender ist die cineastische Aufarbeitung, denn wer einmal David Suchet als Poirot durch das Art-Deco-England hat trippeln sehen, der durfte sich wundern, wie viele hochkarätige Locations die Filmemacher aufgespürt haben, bei denen die Atmosphäre der Dreißigerjahre noch so völlig intakt ist. Stefanie Bisping hat sich bei diesem Thema weniger Mühe gegeben, als aus meiner Sicht nötig gewesen wäre. Einige der hochherrschaftlichen Adelspaläste, die in den Filmen auftauchen, hat sie zwar identifiziert und auch sehr qualifiziert die Hintergründe recherchiert, aber es wäre viel mehr möglich gewesen. Nehmen wir beispielsweise die herrlichen Flughäfen, von denen Poirot (widerwillig) abhebt: Kein einziger hat es in den „inoffiziellen Reiseführer“ geschafft, weder der Cityflughafen von Brighton, noch das Hoover Building in Greenford oder der De La Warr Pavilion in Bexhill-on-Sea. Auch die wunderbaren Art déco Privatvillen sucht man vergeblich, z. B. St Ann's Court in Chertsey oder Joldwynds in Holmbury St Mary, die beide mehrfach als Location innen und außen verwendet wurden und die man mit Einschränkung besichtigen könnte. Vermisst habe ich auch das Ocean Hotel in Saltdean, in dem Poirot einige Male residierte, aber es gibt noch mehr, was man hätte aufnehmen können und sollen.
Dennoch ist das Buch ein guter Startpunkt und viele ikonische Locations wird man hier auch entdecken, wobei der Großraum London bevorzugt ist. Auch die Recherche zu den vorgestellten Orten ist exzellent und interessant aufbereitet, oft auch mit Referenzen zu anderen (nicht Agatha Christie) Filmen, die hier gedreht wurden. Der Reiseführer ist noch nicht ganz der letzte Wurf für eingefleischte Poirot-Fans wie mich, hat aber trotzdem einen hohen Wiedersehen-Bonus.