guter Beginn, eher lahmes Ende
Dürfen wir uns wundern, was über dieses Buch geschrieben wird? Der Verlag, vermutlich auch der Autor nennen das Buch „Roman“, aber der Kritiker der SZ bemerkt zurecht, dass hier eine Novelle vorliegt.
Beide großen, deutschen Zeitungen schreiben aber, dass Coetzee
das englische Original erst später veröffentlichen will. Das darf aber einen Kritiker nicht…mehrguter Beginn, eher lahmes Ende
Dürfen wir uns wundern, was über dieses Buch geschrieben wird? Der Verlag, vermutlich auch der Autor nennen das Buch „Roman“, aber der Kritiker der SZ bemerkt zurecht, dass hier eine Novelle vorliegt.
Beide großen, deutschen Zeitungen schreiben aber, dass Coetzee das englische Original erst später veröffentlichen will. Das darf aber einen Kritiker nicht interessieren. Er hat nur zu bewerten, was er auf weniger als 140 Seiten vor sich hat.
Und da fangen wir heute direkt mit dem ersten Satz an: „Zuerst bereitet die Frau ihm Schwierigkeiten und bald darauf auch der Mann.“ Die Kritikerin der FAZ schreibt, das „ihm“ sei der auktorialer Erzähler, der bald zur Perspektive Beatriz’ verschwinde. In Wahrheit gibt es diesen ominösen Erzähler nur auf der ersten Textseite (9). Braucht es ihn wirklich?
Es wird nun Zeit, dass wir kurz den Inhalt vorstellen: Witold, ein bereits 70jähriger polnischer Pianist, ist zu Gast bei einem Konzert in Barcelona. In der Stadt wird Beatriz zufällig seine Begleitdame, weil Maurice wegen Krankheit absagen musste.
Den so ausführlich beschriebenen Sprachwitz finden wir nur einmal im Dialog zwischen Beatriz und Withold auf Seite 24: „‚Sie waren also immer Pianist. Von Kindheit an.‘
Ernst denkt der Pole über das Wort Pianist nach. ‚Ich war ein Mann, der Klavier spielt‘, sagt er schließlich. ‚Wie der Mann, der die Fahrscheine im Bus entwertet. Er ist ein Mann und er entwertet Fahrscheine, aber er ist kein Fahrscheinmann.‘“
Monate nach dem Konzert erhält Beatriz vom Polen ein Email, dass er nun Klavierunterricht in Girona gebe und sie vorbeikommen soll, weil er sie liebe. Doch diese Liebe wird von der verheirateten Beatriz nur halbherzig erwidert. Sie besucht ihn zwar, will aber nicht mit ihm nach Brasilien. Dennoch verbringt sie später eine Woche ohne ihrem Mann mit dem Polen auf Mallorca. Seltsam ist, dass in der SZ Beatriz mit der Jungfrau Maria verglichen wird, obwohl beide auf der Insel die Nacht in einem Bett verbringen und selbst das Alter des Mannes thematisiert wird:
„Als Liebhaber ist der Mann gut, doch nicht gut genug. Wie entschlossen der Geist auch sei, der Mann kann nicht verhindern, dass die Schwäche seiner Physis, seine mangelnde Lebenskraft den Liebesakt beeinträchtigt.“
Diese ziellose Liebesgeschichte hat mich im kurzen Buch schon etwas gelangweilt. Doch es wird noch abstruser: Die beiden sehen sich nach Mallorca nicht mehr, doch der Pole stirbt und hat Beatrice Gedicht vererbt, die an Altherrenerotik wie „Rose zwischen den Beinen“ nichts fehlen lassen. Und nach kurzem Überlegen lässt Beatrice die Werke des Polen übersetzen. Ja, das Buch endet damit, dass Beatriz dem Toten noch zwei Briefe schreibt.
Also uns kann das Ende nicht überzeugen, auch wenn die Briefe belegen, dass die Liebe über den Tod gehen kann. Überzeugt sind wir von den kurzen Abschnitten innerhalb der Kapitel, die die SZ so schön „Etüden“ genannt hat. Nach gutem Beginn bleiben noch 3 Sterne übrig.