Äthiopien 1935. Italien greift unter Mussolini Äthiopien an, um das Land als Kolonie zu besetzen. Die feindlichen Soldaten dringen so weit vor, dass Kaiser Haile Selassie sich gezwungen sieht, Land und Bevölkerung im Stich zu lassen, und nach Großbritannien zu fliehen. Doch niemand hat mit dem Stolz
und dem Kampfeswillen der Äthiopier gerechnet. Besonders die Landbevölkerung steht auf und formiert…mehrÄthiopien 1935. Italien greift unter Mussolini Äthiopien an, um das Land als Kolonie zu besetzen. Die feindlichen Soldaten dringen so weit vor, dass Kaiser Haile Selassie sich gezwungen sieht, Land und Bevölkerung im Stich zu lassen, und nach Großbritannien zu fliehen. Doch niemand hat mit dem Stolz und dem Kampfeswillen der Äthiopier gerechnet. Besonders die Landbevölkerung steht auf und formiert sich spontan, und auch Frauen greifen, trotz der patriarchischen Struktur, zu den Waffen.
Zu diesen Frauen gehört auch Hirut. Sie ist Teil der kleinen Einheit Kidanes, dessen Magd sie in Friedenszeiten war. Kidanes Frau Aster ist diejenige, die, gegen den Willen und Widerstand ihres Mannes, Waffen besorgt und darauf beharrt, dass auch Frauen kämpfen und nicht nur als Nachhut die Verwundeten versorgen können. Aber es ist Hirut, die letztendlich die Idee mit dem Schattenkönig hat, einem Doppelgänger Selassies, durch dessen Anblick das Volk wieder neuen Mut fassen soll. Der Plan geht auf, aber die Kämpfe sind hart und grausam. Und, wie in jedem Krieg, zahlen alle Seiten einen viel zu hohen Preis.
Fotographien spielen in „Der Schattenkönig“ von Maaza Mengiste eine große Rolle. Sie halten das Geschehen fest, frieren das Grauen ein, sind potentielle Zeugen. Mengistes Stil fühlte sich für mich aber noch detaillierter noch weiter runtergebrochen an, als ein Foto. Ihre Art zu erzählen hat mir mehr Eindrücke vermittelt, als eine geschlossene Geschichte. Ich fühlte mich an den Pointillismus in der Malerei erinnert, in dem die Gemälde aus einzelnen Farbpunkten bestehen, die erst mit Abstand ein Bild ergeben. Auch mit Gegensätzen arbeitet Mengiste viel, hell und dunkel, gut und böse, alles ist sehr visuell und kompakt, verliert in dieser Kompaktheit aber auch ein wenig an Individualität.
Interessant ist der Aufbau des Romans. Zwischen den Kapiteln sind immer wieder Zwischenspiele, in denen wir Haile Selassie in, natürliche fiktiver, Privatheit begegnen, und Chöre, die an antike griechische Dramen erinnern, eingeschoben. Diese Anlehnung an das Theater hat für mich den Abstand zum Geschehen noch mal vergrößert, es wurde künstlicher, weniger real und berührend.
Mengiste versucht, in ihrem Roman viele Themen unterzubringen. Die Geschichte Äthiopiens 1935/36, die Rolle der äthiopischen Bevölkerung und vor allem der Frauen in diesem Kampf, die charismatische Gestalt Kaiser Haile Selassies, aber auch der wachsende Antisemitismus Italiens unter Mussolini, vertreten durch das Schicksal des Kriegsfotografens, der im Laufe des Romans erleben muss, dass er für ein Heimatland kämpft, das sich immer mehr gegen ihn wendet. Das ist ehrgeizig und ging für mich leider nicht ganz auf, denn durch diese vielen wichtigen Schwerpunkte, hat mich keiner wirklich erreicht. Eine Fokussierung hätte dem Roman womöglich gut getan.
Aber trotz all dieser Kritik bleibt Mengistes „Schattenkönig“ lesenswert. Ihr Roman ist eine Art Naturgewalt, die mich zwar mit dem Gefühl zurückgelassen hat, ihn nicht wirklich in seinem ganzen Ausmaß begriffen zu haben, aber Mengiste hat eine beeindruckende Stimme, und kann sicher für viele ein großes Leseereignis und eine Bereicherung der Literaturwelt sein.