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"Die Affaire Moro", so Sciascia, "wird im Laufe der Zeit einen immer größeren Wahrheitsgehalt, immer mehr an Bedeutung erlangen." Sciascia stellt sich in diesem Roman der schwierigen Frage: Was ist die Literatur, anders gesagt, was ist sie neben der Geschichte und der Chronik, der Vergangenheit und der Gegenwart, was ist sie bezogen auf die Wirklichkeit und die Wahrheit. Er unternimmt eine Schreibbewegung, die (im Stile eines Borges) die Realität erfindet; erzählend erkennt, dass das Buch bereits geschrieben war, als sich die Tragödie ereignete. Noch bevor der parlamentarische…mehr

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Produktbeschreibung
"Die Affaire Moro", so Sciascia, "wird im Laufe der Zeit einen immer größeren Wahrheitsgehalt, immer mehr an Bedeutung erlangen." Sciascia stellt sich in diesem Roman der schwierigen Frage: Was ist die Literatur, anders gesagt, was ist sie neben der Geschichte und der Chronik, der Vergangenheit und der Gegenwart, was ist sie bezogen auf die Wirklichkeit und die Wahrheit. Er unternimmt eine Schreibbewegung, die (im Stile eines Borges) die Realität erfindet; erzählend erkennt, dass das Buch bereits geschrieben war, als sich die Tragödie ereignete. Noch bevor der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Fall Moro, dem Sciascia dann angehörte (Bericht der parlamentarischen Minderheit, im Anhang des Buchs) den bis heute nicht endgültig geklärten Fall Moro neu bewertete, hatte er den beinahe religiös -existenziell grundierten Band die Affaire Moro veröffentlicht (...) und dargelegt, wie die Christdemokraten ihren Vorsitzenden, den langjährigen Ministerpräsidenten und Architekten des compromesso storico im Stich gelassen, seine Äußerungen [gezielt] missverstanden hatten: eine Befreiung durch die Ordnungskräfte sei zu keiner Zeit angestrebt worden. Der historische Kompromiss - die Annäherung zwischen Christdemokraten und Kommunisten bedeutete für Sciascia das Grundübel der italienischen Politik: der ewige Transformismus, das immer neue Grüppchenbilden, Sich-Arrangieren, Herumlavieren. Was niemals (und gewollt) zu einer grundlegenden Änderung der Politik führt. "Ein Intellektueller aber", so Sciascia, "sollte sich stets zur Opposition berufen fühlen." Die unverkennbare Stimme des großen unbestechlichen unbequemen Aufklärers. Mit der 2022 einsetzenden Veröffentlichung von Moros ebenfalls im "Volksgefängnis" verfassten Memoriale ist die von Sciascia dargelegte Theorie einer "Zusammenarbeit" zwischen Staaten und kriminellen Banden von unerhörter Aktualität. Heute wissen wir: die allmächtige Geheimloge P2 hielt die Fäden der Affaire in der Hand; ein Jahr nach Sciascias Tod (1989) platzt der Skandal um die klandestine NATO-Organisation Gladio. "Es ist das Buch, das Pasolini vielleicht geschrieben hätte, wäre er nicht drei Jahre vor Moro ermordet worden" (Fabio Stassi).

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Autorenporträt
Leonardo Sciascia, 8. Januar 1921, Racalmuto (Agrigento) - 20. November 1989, Palermo. Schriftsteller, Essayist, Politiker. Gilt als großer unbestechlicher europäischer Aufklärer: Ein Sizilianer von festen Prinzipien, zu seinem 100. Geburtstag erschienen, darin: Der Mann mit der Sturmmaske und Tod des Inquisitors: die historische Studie eines »Häretikers«, der 1658 den spanischen Inquisitor in Palermo tötete, die Menschenwürde hochhaltend. 1956 Parrocchie di Regalpetra, ein J'accuse des faschistischen Ventennios; 1961 Der Tag der Eule, der erste Roman, der die Mafia zum Thema hatte, die laut Kirche seinerzeit gar nicht existierte (Ü Arianna Giachi). 1963 Das Ägyptische Konzil, für viele sein bester Roman (2016, neu übersetzt v. Monika Lustig). Sein Werk umfasst viele tausend Seiten.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Andreas Rossmann wühlt die Lektüre von Leonardo Sciascias Buch über den Fall Aldo Moro auch 45 Jahre nach der Erstveröffentlichung noch auf. Moros Ermordung durch die Roten Brigaden 1978 beleuchtet der Autor laut Rossmann wie ein Kriminologe. Dass Sciascia auch seinen Priandello und seinen Borges kennt und mit gespitzter Feder an die Interpretation des Falles und der folgenden politischen und gesellschaftlichen Diskurse geht, macht den Text für Rossmann umso lesenswerter. Eine erstaunliche Mischung aus genauer Recherche, Lektüre und Sprachkritik, meint Rossmann begeistert.

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