Mit Die Gartenparty legt der Manesse-Verlag eine Sammlung der hierzulande immer noch unterschätzten Schriftstellerin Katherine Mansfield vor. Vielen gilt sie als die Meisterin der Kurzgeschichte – doch ist dies wirklich der Fall?
Slice of Life
Den Inhalt der 27 in diesem Band versammelten
Geschichten wiederzugeben, ohne die Pointen der Geschichten vorwegzunehmen, stellt sich dabei als eine…mehrMit Die Gartenparty legt der Manesse-Verlag eine Sammlung der hierzulande immer noch unterschätzten Schriftstellerin Katherine Mansfield vor. Vielen gilt sie als die Meisterin der Kurzgeschichte – doch ist dies wirklich der Fall?
Slice of Life
Den Inhalt der 27 in diesem Band versammelten Geschichten wiederzugeben, ohne die Pointen der Geschichten vorwegzunehmen, stellt sich dabei als eine nicht zu bewältigende Aufgabe heraus. Den Ausgangspunkt von Mansfield Erzählungen bilden nämlich beinahe schon banale Alltagssituationen wie die Vorbereitung zu einer Party, Spaziergänge im Freien oder auch das einfache Gespräch. Ihren Reiz erfahren diese Schilderungen erst durch die präzisen Beobachtungen und Wahrnehmungen ihrer Figuren und oft ist es nur ein beiläufig daher geworfener Satz, der die ganze Geschichte nachhaltig verändert.
Die Geschichten im Einzelnen vorzustellen würde daher damit verbunden sein, wesentliche Schlüsselszenen ihrer Beobachtungen vorwegzunehmen und damit das Lesevergnügen erheblich zu schmälern. Aus diesem Grund verzichte ich an dieser Stelle auf allzu viele Details und hoffe euch Mansfield auf einer etwas abstrakteren Ebene näher bringen zu können.
Meisterin des Augenblicks
Ungeachtet ihres kurzen Lebens gilt sie vielen als Meisterin der Kurzgeschichte (ein zugegebenermaßen inflationär gebrauchter Begriff…). Doch was macht ihre Geschichten so besonders?
Wie schon bereits weiter oben beschrieben, handelt es sich bei ihren Geschichten in bester Slice of Life-Tradition um episodenhafte Erzählungen aus dem Alltag der oberen Gesellschaftsschichten. Rein zeitlich lässt sich dabei keine genaue Grenze festlegen, manchmal decken ihre Geschichten wenige Minuten, manchmal wiederum mehrere Tage ab.
Rein äußerlich geschieht in den meisten Fällen auch nichts Aufregendes, der Anblick eines aufgebahrten Leichnams darf dabei schon als spannungsgeladener Höhepunkt des gesamten Bandes bezeichnet werden und vor wirklich existentiellen Problemen stehen ihre Figuren nicht.
Viel wichtiger als diese äußerliche Komponente ist dabei die innere Perspektive: Mansfield gelingt es mit nur wenigen sprachlich ausgefeilten und treffenden Sätzen feinfühlige Portraits ihrer zumeist weiblichen Figuren zu zeichnen, die sich in einem Spannungsfeld zwischen sozialen Erwartungen und eigenen Gefühlen befinden.
Auf Fragen zu Themen wie Emanzipation und Glück versuchen sie ihre eigenen Antworten zu finden und müssen mit den Konsequenzen ihres Handelns zurechtkommen. Mansfield gelingt es dabei, die ganze Komplexität der oben aufgeworfenen Fragestellungen in wenigen Sätzen zu treffen und im richtigen Moment auszudrücken. Es ist faszinierend, wie wenige beinahe schon beiläufig daher geworfene Sätze die Kraft haben, eine ganze Geschichte nachhaltig zu verändern und im Nachhinein etwa aus einem Abend unter Freunden eine Studie zum Zustand einer Ehe machen.
Was bleibt?
Ich persönlich bin dankbar für das Klassikerinnen Jahr des Manesse Verlages, bin ich doch so auf Schriftstellerinnen gestoßen, die sonst tendenziell an mir vorbeigegangen wären. Zum Abschluss dieses Jahres stellt Die Gartenparty von Katherine Mansfield dabei noch einmal ein echtes Highlight dar: Inhaltlich erinnert sie an Cechov, stilistisch mehr an eine Virginia Woolf. Katherine Mansfield schafft es damit, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden und dennoch ihre persönliche Note nicht zu verlieren. Eine klare Leseempfehlung für Freunde sprachlich ausgefeilter Kurzgeschichten!
Fazit
Mit Die Gartenparty liegt ein ruhiger Erzählband vor, der durch sprachliche Brillanz und inhaltliche Brisanz begeistern kann. Für Freunde von Woolf und Cechov uneingeschränkt zu empfehlen!