Inszeniert bis zum Schluss
Katie Kitamuras Die Probe ist ein stiller, atmosphärischer Roman, der mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Die Ausgangssituation ist ungewöhnlich und vielversprechend: Eine erfolgreiche Schauspielerin wird während eines Mittagessens in Manhattan mit einem jungen
Mann konfrontiert, der behauptet, ihr Sohn zu sein, obwohl sie nie ein Kind bekommen hat. Was folgt,…mehrInszeniert bis zum Schluss
Katie Kitamuras Die Probe ist ein stiller, atmosphärischer Roman, der mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Die Ausgangssituation ist ungewöhnlich und vielversprechend: Eine erfolgreiche Schauspielerin wird während eines Mittagessens in Manhattan mit einem jungen Mann konfrontiert, der behauptet, ihr Sohn zu sein, obwohl sie nie ein Kind bekommen hat. Was folgt, ist weniger ein psychologischer Thriller oder ein Beziehungsdrama als vielmehr ein diskretes Spiel mit Identitäten, Projektionen und inszenierten Rollen.
Kitamuras Stil ist kühl und oft distanziert. Das passt zur Hauptfigur, die trotz ihrer beruflichen Rolle als Darstellerin stets eine gewisse emotionale Undurchlässigkeit wahrt. Gleichzeitig erschwert genau diese sprachliche Zurückhaltung eine echte Nähe zur Geschichte. Es wirkt, als betrachte man die Geschehnisse durch eine Glasscheibe, ästhetisch ansprechend, aber auch spürbar auf Distanz gehalten.
Der Anfang des Romans fesselt durchaus mit seinem seltsamen Setting und dem intensiven Aufeinandertreffen der Figuren. Doch je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr verliert sich der Text in Andeutungen und lässt eine klare Entwicklung vermissen. Die psychologische Spannung, die man erwartet, bleibt oft diffus. Die Grenzen zwischen Realität, Wunsch und Inszenierung verschwimmen, was interessant ist, aber auch gelegentlich frustrierend wirkt, da vieles unausgesprochen bleibt.
Die Probe ist kein Buch für Leser, die Klarheit oder Emotionen suchen. Wer sich darauf einlässt, wird eine Geschichte über Identität, Familie und Selbstbild entdecken, doch man braucht Geduld und die Bereitschaft, mit offenen Enden zu leben.
Eine interessante Idee, souverän umgesetzt, aber inhaltlich oft zu vage und unnahbar, um wirklich mitzureißen.