Die Geister der Toten
Frau Löfflers Großmutter erzählt ihr, dass sie sich durch die Welt der Lebenden frei bewegen kann. Sie kann durch Dächer und Wände schweben, kann ihr Alter frei wählen - eine durchaus verlockende Welt, wenn man nicht tot wäre. Denn das ist sie nun, nach dem
Fahrradunfall…
…und sie staunt nicht schlecht, als ihr hier, in ihrem Viertel, die schon lange toten…mehrDie Geister der Toten
Frau Löfflers Großmutter erzählt ihr, dass sie sich durch die Welt der Lebenden frei bewegen kann. Sie kann durch Dächer und Wände schweben, kann ihr Alter frei wählen - eine durchaus verlockende Welt, wenn man nicht tot wäre. Denn das ist sie nun, nach dem Fahrradunfall…
…und sie staunt nicht schlecht, als ihr hier, in ihrem Viertel, die schon lange toten Nachbarn begegnen. Mehr noch, sie alle wohnen wie zu ihren Lebzeiten in ihren Häusern - egal, ob diese nun leer stehen oder wieder bewohnt werden. Die Lebenden nehmen sie nicht wahr, sie haben sich nach dem Ableben der früheren Bewohner neu eingerichtet, ein Haus wurde sogar abgerissen und neu aufgebaut, was die Parallelwelt der Toten nicht zu stören scheint, denn diese wohnen nach wie vor mit ihren alten Möbeln, ihrem Geschirr und all ihrem Besitz - nur die Toten sehen sich gegenseitig.
Kaum hat sich Frau Löffler mit ihrer neuen Situation vertraut gemacht, kommt Herr Tober ins Spiel. Seine Anhänger sind Feuer und Flamme, als er ihnen das „Paradies auf Erden“ – wie er sein Projekt nennt – verspricht. Sie wollen die Lebenden aus ihren angestammten Häuser und Wohnungen vertreiben, sie wollen sie regelrecht vergraulen.
Ein so faszinierendes wie schwer greifbares Szenario stellt Olivia Monti in den Raum, ihre Parallelwelt hat gar satanische Züge. Herr Tober ist die Verführung in (Geister)Person, der ihnen Wünsche abverlangt, um diese dann zu ihrer mehr oder weniger Zufriedenheit einzulösen. Es kommt wie im richtigen Leben zu Rivalitäten, zu Eifersucht und Missgunst, all die schlechten Gefühle drängen sich mehr und mehr in den Vordergrund.
„Die Toten von Nebenan“ haben mich sofort in ihr Universum gezogen, ich kenne und schätze Olivia Montis Stil seit „Sterbewohl“. Ein nachdenklich machendes Buch über eine erzwungene Sterbehilfe, eine Mischung aus Krimi und Dystopie. Und hier, bei den „… Toten von Nebenan“, hat sie neben anderem auch paranormale Studien mit einfließen lassen. Ihre Figuren werden stets mit Frau oder Herr angesprochen, was schon allein deshalb für eine gewisse Distanz sorgt, dem Thema der Toten durchaus angemessen.
Was wäre wenn… man dem Bösen folgt, der den Hass und die Gier weiter schürt um des eigenen Vorteils willen? Natürlich sollte jedem klar sein, dass nichts umsonst ist. Ist dieses angebliche Paradies wirklich erstrebenswert? Ein schaurig-schönes Lesevergnügen über die Kunst der Verführung, ohne Weiteres auf die Lebenden und unsere gar nicht so heile Welt übertragbar.