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Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen, und erzählt einem Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordinaten von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman. Die alte Dame erzählt von ihrem Alltag, den Auseinandersetzungen und Freundschaften mit jungen Pflegerinnen und anderen Mitbewohnern, ihrer heimliche Liebe zu einem Mann, der kurz darauf stirbt, ihre nächtlichen Kämpfe mit einem Alter Ego, das ihr schwindendes…mehr

  • Geräte: eReader
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Produktbeschreibung
Dona Alberti sitzt im Rollstuhl, kann ihre Hände kaum noch benutzen, und erzählt einem Aufnahmegerät aus ihrem Leben im Hotel Paraíso, einem Altenheim, wo sie aus freien Stücken lebt, seit ein banaler Unfall sie ihrer Selbständigkeit beraubt hat. Das sind die Koordinaten von Lídia Jorges jüngstem und vielleicht persönlichstem Roman. Die alte Dame erzählt von ihrem Alltag, den Auseinandersetzungen und Freundschaften mit jungen Pflegerinnen und anderen Mitbewohnern, ihrer heimliche Liebe zu einem Mann, der kurz darauf stirbt, ihre nächtlichen Kämpfe mit einem Alter Ego, das ihr schwindendes Wissen herausfordert. Immer wieder kreisen ihre Gefühle um die schwierige Liebe zur Tochter, einer Schriftstellerin, der sie vorwirft, nur deshalb nicht reich und berühmt zu sein, weil sie vom Elend Namenloser erzählt, anstatt endlich Heldentaten berühmter Menschen zu beschreiben. Der Generationskonflikt mit autobiographischen Zügen wird zum Verhandlungsort einer sozial fundierten Poetik. Erbarmen wirft ein kritisches Licht auf unsere Gegenwart, vermeidet aber frontale Angriffe und stellt die Leser stattdessen geschickt vor grundsätzliche Fragen: Was ist Wissen in einer Zeit der totalen Verfügbarkeit von Information? Was zählt wirklich im Leben angesichts der Tatsache, dass wir alle dem Tod entgegengehen? Welche Funktion hat das geschriebene Wort in diesem Zusammenhang? Erbarmen entwickelt einen subtilen Sog, dem man sich kaum widersetzen kann, denn Jorge erzählt meisterhaft von Dingen, die uns alle bevorstehen

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Autorenporträt
Lídia Jorge wurde 1946 in Boliqueime im Süden Portugals geboren. Sie studierte französische Literatur in Lissabon und verbrachte einige Jahre damit, während des Unabhängigkeitskampfes in Angola und Mosambik zu unterrichten. Sie lebt heute in Lissabon. Mit ihren ersten beiden Romanen gehörte sie zur Avantgarde der zeitgenössischen portugiesischen Literatur und hat seitdem zahlreiche renommierte Auszeichnungen für ihre Arbeit erhalten. Im Jahr 2021 nahm Lídia Jorge eine Professur an der Universität Genf an, auf die 2022 die Einrichtung des Lídia-Jorge-Lehrstuhls an der University of Massachusetts Amherst folgte. Ihr Roman Erbarmen wurde mit sechs renommierten Preisen ausgezeichnet, darunter der Médicis étranger 2023 und der Transfuge Prize for the Best Lusophone Novel 2023. Laut portugiesischem Buchinstitut ist Lídia Jorge nach Fernando Pessoa, Eça de Queiroz, Gonçalo M. Tavares und Luís de Camões die am fünfthäufigsten übersetzte portugiesische Autorin. Ihre Romane in deutscher Übersetzung waren bislang im Suhrkamp Verlag erschienen
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Lebenswille - für Lídia Jorges Erzählerin Dona Alberti ist das das "Verlangen, an anderen Existenzen teilzuhaben". Jorge gibt uns mit "Erbarmen" die Chance eine solche Teilhabe literarisch nachzuvollziehen. Und das haut hin, findet Rezensent Jobst Welge, trotz einiger, dem erzählerischen Konzept geschuldeten Längen und manchen surrealistischen Momenten, die die ansonsten sehr realistische Erzählung weder bereichern, noch stören. "Erbarmen" ist nämlich die fiktive Transkription eines mündlichen Berichts, einer Art Sprachtagebuch, in dem Dona Alberti von ihrem Alltag im Mikrokosmos des Seniorenheims erzählt - dem Speiseplan, den Verhältnissen der Bewohnerinnen und Bewohner, den Pflegerinnen und ihren Geschichten, und von solch erschütternden Ereignissen wie einer Ameiseninvasion. Dabei nimmt Jorge nebenbei auch die prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse des Pflegepersonals in den Blick, lesen wir. Dass die Autorin mit diesem Roman einen Wunsch ihrer eigenen verstorbenen Mutter erfüllt und zugleich ironisch hintertreibt, verrät sie in Interviews, erklärt Welge. Einen Roman mit dem Titel "Misericórdia" - "Erbarmen" habe die sich gewünscht und dass Lídia doch mal über eine "bedeutende Persönlichkeit" schreiben solle... Das Ergebnis ist lesenswert, so der Rezensent. 

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr