»Bei meiner Geburt jage ich meiner Mutter einen Schrecken ein. Niemand muss mich herausholen, ich will von selbst heraus. (...) Ich presse mein Gesicht durch den Geburtskanal. Augen voran komme ich zur Welt. Ich will ihr frontal begegnen, mich ihr entgegen strecken und sofort sehen, was da
ist.«
Stark startet »Erbgut«, auch sonst hat
Scheiflinger ein überzeugendes Debüt vorgelegt. Der Sound…mehr»Bei meiner Geburt jage ich meiner Mutter einen Schrecken ein. Niemand muss mich herausholen, ich will von selbst heraus. (...) Ich presse mein Gesicht durch den Geburtskanal. Augen voran komme ich zur Welt. Ich will ihr frontal begegnen, mich ihr entgegen strecken und sofort sehen, was da ist.«
Stark startet »Erbgut«, auch sonst hat
Scheiflinger ein überzeugendes Debüt vorgelegt. Der Sound ist souverän, pointiert, der mitunter knappe, dichte Stil korrespondiert mit dem spannungsgeladenen Schweigen der Figuren.
»Erbgut« führt uns nach Kärnten, nach Wien, in die Schweiz und nach Italien. Es enthält Nazi-Vergangenheit, Kriegsgefangenschaft, Verschleppung, patriarchale Strukturen, Migration, Diskriminierung, Endometriose und Brustkrebs. Innere Härte, Schweigen, Gewalt, ein starker Drang, die Erwartungen anderer zu erfüllen, eine gefangene Sehnsucht zu wandern, nach einem besseren Leben woanders zu suchen und eine schweigsame Liebe tragen sich von Generation zu Generation weiter.
Einige Mosaiksteine verstehen wir und die Ich-Erzählerin tiefer, andere bleiben lose, im Halbklaren, können nicht auserzählt werden.
Es werden fast alle von uns, ob mit Migrationsgeschichte oder ohne, Aspekte von sich wiederfinden in diesem etwas anderen Generationenroman. Erbgut regt uns an, darüber nachzudenken, was die Versatzstücke unserer Familien in uns sind, wie sie in uns wirken, ob es möglich ist, sie zu verändern und wie das geht, Eigenständigkeit.