Gegen Höflichkeit, Neoliberalismus und Rechtspopulismus
Was bleibt eigentlich dann noch übrig? Aber von vorne.
Der Autor kritisiert die wachsende Ungleichheit, geschaffen durch den Neoliberalismus. Auch die amerikanische Außenpolitik hat in den letzten Jahren keine Frieden gebracht, sondern nur
„failed states“. Mit Hilary Clinton als Präsidentin wäre es wohl so weiter gegangen. Anstatt für…mehrGegen Höflichkeit, Neoliberalismus und Rechtspopulismus
Was bleibt eigentlich dann noch übrig? Aber von vorne.
Der Autor kritisiert die wachsende Ungleichheit, geschaffen durch den Neoliberalismus. Auch die amerikanische Außenpolitik hat in den letzten Jahren keine Frieden gebracht, sondern nur „failed states“. Mit Hilary Clinton als Präsidentin wäre es wohl so weiter gegangen. Anstatt für mehr Gleichheit zu sorgen werden nur Randgruppen wie Homo– und Transsexuelle gleichberechtigt.
Besonders missfällt dem Autor, dass anstatt die Lebensbedingung nur die Sprache verändert wird. Man kommt vom Binnen-I zum * um alle Geschlechter zu berücksichtigen, Wörter wie Negerkönig und Flüchtling werden politisch inkorrekt. Gremien zur Gleichberechtigung schaffen nur neue Verwaltungsstellen, für Arbeit in der Forschung fehlen dann diese vorwiegend Frauen. Die Diskussion um die Sprache erschwert auch die inhaltliche Debatte, etwa wie die Missstände des Neoliberalismus beseitigt werden können. Bei den Sozialdemokraten beispielsweise führt dies zu einer europaweiten Krise.
Er schreibt von einem Studenten in Amerika, der der Vergewaltigung verdächtigt wurde, freigesprochen, aber dessen bürgerliche Existens dennoch zerstört wurde. Wie schon bei TTIP, so auch gegen Sex, übernehmen nun auch linksliberale Gruppen rechte Ideen. Damit erklärt er, warum die Amerikaner Trump gewählt habe. Dass Trump gewählt wurde, wusste er schon vor der Wahl, was mich heute ein wenig ärgert (er hätte das Buch vor der Wahl veröffentlichen sollen).
Nach diesen 2 Kapiteln folgt ein theoretischer Teil, der in den Zeitungskritiken fehlt. Vielleicht haben ihn die Journalisten nicht verstanden. Pfaller bezeichnet Lügen aus Höflichkeit im Sinne Kants als weiße Lügen, weil sie niemanden schaden. Er meint, dass diese zunehmen, während schwarze Wahrheiten niemanden überzeugen. Zur schwarzen Wahrheit gehört auch der schwarze Humor, der ganz der political correctness widerspricht. Am Besten gefällt mir das Beispiel des zu Tode Verurteilten, der am Montag gehängt wird und sagt: „Die Woche fängt ja gut an.“
Gut, Pfaller ist Österreicher. Aber ich glaube, dass das Scheitern der FDP bei der Wahl 2013 an der 5%-Hürde zum großen Teil auf die Satire der Heute-Show zurückzuführen ist. Die Bedeutung des schwarzen Humors, also der Satire nimmt in der politischen Diskussion nicht ab, sondern zu.
Im nächsten Kapitel schreibt Pfaller, dass neben der Kultur der Ehre und der Kultur der Würde nun auch eine Kultur des Opfers entstanden ist. Diese Opfer suchen die Öffentlichkeit, um ihre Missstände zu präsentieren aus denen Ressentiements entstehen, da andere für die Missstände verantwortlich sind. Er unterscheidet zwischen Aberglaube, Bekenntnis und Paranoia und zitiert viel Freud, der mich mit seinem „Über-Ich“ schon immer langweilte.
Danach werden die Kapitel kürzer und praktischer. Pfaller beschwert sich über Wörter wie „Teamfähigkeit“, „Raumpflegerin“ und der Suche nach Identität. Er rät zum überschreiten von Prinzipien. Auch versteht er nicht, dass Frauen sich darüber beschweren, wenn Männer ihnen die Welt erklären. Und zum Schluss landen wir noch in der Religion, wobei er sogar Konfession meint.
Es kommt bei einem Sachbuch nicht darauf an, ob man dem Autor immer zustimmt. Es muss neue Erkenntnisse liefern. Das zeigt schon meine lange Zusammenfassung. Ein Stern ziehe ich dennoch ab, weil der Teil über Trump besserwisserisch, der Teil über Religion unnötig und der Identitätsteil langatmig ist. 4 Sterne.