Die schönste Zeitverschwendung der Welt
Während der Literaturkritiker und Nachbar der Bestseller-Autorin Vera Albach ihre Romane mit dem Stempel „Zeitverschwendung“ brandmarkt, ist die Lektüre von „Es könnte so einfach sein“ die schönste Zeitverschwendung der Welt sowie die Lektüre all der Bücher,
die ihre Leser unterhalten, berühren, sie mit Figuren zusammenführen, die sie gerne in ihr Leben…mehrDie schönste Zeitverschwendung der Welt
Während der Literaturkritiker und Nachbar der Bestseller-Autorin Vera Albach ihre Romane mit dem Stempel „Zeitverschwendung“ brandmarkt, ist die Lektüre von „Es könnte so einfach sein“ die schönste Zeitverschwendung der Welt sowie die Lektüre all der Bücher, die ihre Leser unterhalten, berühren, sie mit Figuren zusammenführen, die sie gerne in ihr Leben lassen, die ihnen für ein paar Stunden die Möglichkeit bieten, in ein anderes Leben zu schlüpfen. Das alles kann man von „Es könnte so einfach sein“ behaupten. Es ist ein warmherzig, aber bisweilen auch mit beißendem Witz geschriebenes Buch über eine Frau, die man für ihr Leben bewundern, aber nicht immer beneiden kann. Vera Albach beginnt als Sekretärin in einem Verlag unter anderem für Groschenromane. Als sie für den Autor einer Doktor-Reihe einspringen muss, ist dies der erste Schritt auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen Autorin oder korrekterweise zu einem erfolgreichen Autor. Denn in der jungen BRD der 60er und 70er Jahre kann eine Frau keine Karriere machen, weder in der Politik noch in der sonstigen Berufswelt und eben auch nicht als Autorin. Also ist sie oder wird vielmehr gezwungen unter männlichem Pseudonym zu veröffentlichen. Für ihre Karriere opfert sie viel, z. B. eigene Kinder. Dafür hat sie einen wundervollen Mann, der ihr den Rücken freihält und akzeptiert, dass sie diejenige ist, die in der Beziehung den Erfolg verbucht und das Geld verdient. Als Ersatzkinder dienen ihr die Töchter ihrer Geschwister, junge Frauen, die in einer Zeit, in der die Möglichkeit besteht, dass eine Frau Bundeskanzlerin werden kann, ihren Mann bzw. ihr Frau zu stehen versuchen.
Mit großartigem Humor, aber auch mit dem nötigen Ernst und mit melancholisch-nachdenklichen Zwischentönen zeichnet der Roman von Anne Handorf ein lebendiges Bild der Mentalitätsgeschichte der jungen Bundesrepublik, die Rückständigkeit der von Männern dominierten Welt, die sich diese nach dem Krieg von den Frauen wieder zurückerobert haben und sie mit eisernem Griff und einer Menge Vorurteile zu verteidigen versuchen. Dabei ist das Buch keineswegs ein feministisches Manifest. Mit leisen und nachdenklichen Worten thematisiert es die Frage nach der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, nach dem Recht der Frau auf Selbstverwirklichung, zu dem auch der Wunsch oder eben Nicht-Wunsch nach Kindern gehört. Vera Albach zeigt uns eine Frau, die ihr ganzes Leben versucht hat, ihren Weg zu gehen, auch wenn er oft im Schatten von Männern lag, nur bezeichnender Weise nicht im Schatten ihres eigenen Mannes. Leo ist ein ganz wundervoller Charakter, bei dem sich nicht nur die Tochter ihrer Nichte fragt, wo man wohl so einen herbekommt. Mit viel Verständnis und noch mehr Fortschrittlichkeit steht er seinen Mann, indem er den starken Mann hinter einer starken Frau darstellt, mit den liebenswerten Schwächen, die er hat.
Der Roman ist ein Buch, in dem man sich gleich zu Hause fühlt. Das Leben mit Vera und Leo Albach lädt den Leser zum Verweilen, Mitfiebern, Mitlachen, Mittrauern und Mitfeiern ein. Für alle Münsteraner bietet es darüber hinaus viel charmantes Lokalkolorit, allerdings mit wesentlich mehr Humor und Witz, als den Münsterländern gewöhnlich zugeschrieben wird.