Der Göttinger Wallstein Verlag hat eine vierbändige Ausgabe der Werke der österreichischen Schriftstellerin Christine Lavant (1915-1973) in Angriff genommen. Während Band 1 ihre „Zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichte“ versammelte, präsentierte Band 2 die „Zu Lebzeiten veröffentlichten Erzählungen“.
Im Band 3 folgen nun die „Gedichte aus dem Nachlass“, ebenfalls herausgegeben von den beiden…mehrDer Göttinger Wallstein Verlag hat eine vierbändige Ausgabe der Werke der österreichischen Schriftstellerin Christine Lavant (1915-1973) in Angriff genommen. Während Band 1 ihre „Zu Lebzeiten veröffentlichten Gedichte“ versammelte, präsentierte Band 2 die „Zu Lebzeiten veröffentlichten Erzählungen“. Im Band 3 folgen nun die „Gedichte aus dem Nachlass“, ebenfalls herausgegeben von den beiden Literaturwissenschaftlern Doris Moser und Fabjan Hafner - unter Mitarbeit von Brigitte Strasser. Ein wichtiger Band in der Edition, denn der überwiegende Teil des lyrischen Gesamtwerks von etwa 1.800 Gedichten blieb unveröffentlicht. Nur etwa ein Drittel fand bisher in Gedichtbänden Beachtung, die in Band 1 zu finden sind.
Band 3 bietet nun eine Auswahl von Gedichten, die Christine Lavant zu Lebzeiten nicht veröffentlicht hat, dabei sind 365 der insgesamt 484 Gedichte überhaupt Erstveröffentli-chungen, die übrigen erschienen zuvor in diversen Nachlasspublikationen. Den Auftakt macht dabei Lavants erster Gedichtband „Die Nacht an den Tag“ aus dem Jahr 1948, der zwar gesetzt, aber nie gedruckt wurde und bis dato als verschollen galt. Er steht für Lavants Frühwerk. Der umfangreichste Teil des Bandes ist dem Nachlass gewidmet, für den die Dichterin zu Lebzeiten einen Neffen als Erben und Verwalter bestimmt hat. Ergänzt wird dieser Hauptteil durch eine Auswahl aus „Kleineren Sammlungen“, die nach ihrer Entstehungszeit angeordnet ist. Es sind häufig Gedichte, die Lavant an Freunde oder Bekannte verschenkte, ohne selbst eine Abschrift oder einen Durchschlag zu behalten.
Der editorische Kommentarteil enthält dann eine Beschreibung des Nachlasses, der Sammlungen und ihrer Überlieferungsgeschichte. Einzelne Kommentare vermerken eine evtl. posthume Erstveröffentlichung oder andere Anmerkungen. Auch Wörter oder Wendungen, die Lavant dem Dialekt ihrer Heimat entlehnt hat, werden erläutert. Komplettiert wird der umfangreiche Band durch ein Nachwort von Doris Moser, das die dichterische Karriere, vor allem das lyrische Werk von Christine Lavant, beleuchtet. Die Herausgeberin betont dabei, dass sich etliche der nachgelassenen Gedichte hinsichtlich der thematischen Ausrichtung ohne weiteres in das publizierte Werk einfügen.
Christine Lavant gehört zu den großen Dichterinnen deutscher Sprache im 20. Jahrhundert. Seit der Kindheit durch Krankheiten, später auch von Lichtempfindlichkeit, Schwerhörigkeit und Nervenschmerz gezeichnet, verlief ihre Biographie an den Rändern der Lebens-Gefährdung. Bereits im jugendlichen Alter unternahm sie mehrere Selbstmordversuche. So war das Dichten für Lavant immer eine existentielle Angelegenheit, von Einsamkeit, Heimweh und großen Ängsten geprägt. Nach ersten literarischen Versuchen im Jugendalter und einer zehnjährigen Pause war es schließlich die Beschäftigung mit der Lyrik von Rainer Maria Rilke, dass Lavant wieder das Schreiben aufgriff. Im Kontakt mit anderen Künstlern und Schriftstellern fanden ihre ersten Gedichte Zustimmung und breite Beachtung. Auszeichnungen und Preise folgten. Die Themen ihrer Gedichte sind sehr vielschichtig: von Naturlyrik bis zu religiös-mystischen Themen. Es finden sich aber auch Verse mit surrealem Charakter. Allein dieses Spektrums ist beredter Ausdruck für die Breite ihrer literarischen Arbeiten. Nun warten alle Lavant-Freunde auf den Abschluss-Band der Edition.