„Geständnisse“ gehört zu der Sorte Bücher, die ich selbst nach Jahren, aus all der Masse der gelesenen, blind herausgreifen könnte – um zu sagen, das dieses so anders ist als all die anderen.
Ein Buch mit einer Geschichte die sich festsetzt, die hängen bleibt und der man lange hinterher
denkt.
Die kleine Manami ist tot. Ihre Mutter, die Lehrerin Yuko Moriguchi nimmt Abschied von ihrer Klasse,…mehr„Geständnisse“ gehört zu der Sorte Bücher, die ich selbst nach Jahren, aus all der Masse der gelesenen, blind herausgreifen könnte – um zu sagen, das dieses so anders ist als all die anderen.
Ein Buch mit einer Geschichte die sich festsetzt, die hängen bleibt und der man lange hinterher denkt.
Die kleine Manami ist tot. Ihre Mutter, die Lehrerin Yuko Moriguchi nimmt Abschied von ihrer Klasse, in der sich auch die 2 Personen befinden, die Schuld tragen an dem Tod des kleinen Mädchens. Fast schon seelenruhig erzählt sie, von der Welt, den Menschen und dann von ihrem Leben. Moriguchi nimmt ihre Schüler gefangen und mich gleich mit. Sie spricht über Recht und Unrecht, von Gewalt und ihren Folgen. Zeigt Beispiele auf und kommt schließlich an den Punkt, an denen keiner mehr irgendetwas anderes wahr nimmt, als Moriguchis Anklage gegenüber den 2 Schülern. Sie weiß was geschehen ist und lässt es Revue passieren, sodass alle Schüler wissen um wen es sich dreht. Täter A und Täter B, wie sie anfänglich noch heißen, sind innerhalb weniger Seiten entlarvt. Moriguchis Worte bleiben im Raum stehen, während sie geht.
„Doch was mich wirklich schockiert, ist, dass die Mörder so gelassen dasitzen, während ich euch dies alles erzähle.“ (S. 29)
Man kann es Rache nennen, oder Vergeltung. Es würde aber auch passen Moriguchis Handlungen als perfide und gleichzeitig wohl überlegte Genugtuung zu bezeichnen. Und ich kann es sogar nachvollziehen. Sie nimmt alle gleichermaßen mit in eine Art Experiment. Wie werden die Mitschüler sich verhalten? Wird es Übergriffe geben? Wer stellt sich auf welche Position und wer schreitet ein? Es läuft wohl nicht ganz so, wie sie es sich vorgestellt hat und doch bleibt alles in Bewegung.
Ich habe der Polizei nichts gesagt, weil ich der Justiz nicht zutraue, sie angemessen zu betrafen.“
In den insgesamt 6 Kapiteln erfährt man aus unterschiedlichen Perspektiven was geschehen ist, vor, während und besonders nach Manamis Tod. Vollkommen unterschiedliche Personen erzählen ihre Sicht der Dinge und wie sich alles entwickelt hat. Was für Konsequenzen diese eine Tat nach sich zieht und wer denn nun alles in was verwickelt ist.
Moriguchi hat gut geplant, das wird einem im Laufe der Geschichte klar. Diese so gebildete Frau, immer ruhig und genügsam, zuvorkommend und freundlich, hat aus dem Bauch heraus und doch auch mit dem Kopf einen Handlungsstrang gewoben, dem man sich nicht entziehen kann.
Wie gern wäre ich aus dem Sumpf herausgeklettert und weggelaufen. Irgendwohin, wo mich keiner kennt.“ (S. 185)
Was mich sehr angesprochen hat, ist wie die Mentalität, stellvertretend durch die einzelnen Charaktere, herüber kommt. Japan ist weit weg und doch war ich dort, vor Ort, mittendrinnen. In den Traditionen und Sitten. In den Köpfen der Menschen und auch wenn nicht alle Handlungen nachvollziehbar sind, war es sehr deutlich beschrieben warum es genauso kam.
Wer trägt Schuld? Der Einzelne? Die Gesellschaft? Die intakten oder zerborchenen Familien? Der Leistungsdruck oder der Wunsch nach dem ganz großen? In „Geständnisse“ wird abgerechnet, gnadenlos und bitterböse. Ohne Rücksicht auf Verluste und derer gibt es zur Genüge. Dabei wird die Rolle der Mutter nicht nur durch Moriguchi wiedergegeben, denn es gibt noch viele andere und nicht alle sind die Schuldlosen.
Nüchtern aber nicht gefühlskalt, so kam mir diese Reise vor. Ein literarischer Hochgenuss auch wenn es bitterböse war.
Rezension verfasst von © Kerstin