Hello!
Wer träumt nicht von einer ausgelassenen Kreuzfahrt mit seinen besten Freundinnen? Wie sich aus einer fröhlichen Tour eine lebensgefährliche Reise entwickeln kann, zeigt Jan Gangsei in ihrem Roman "Girls' Trip" auf.
Das in schwarzen Farbtönen schimmernde Cover verbreitet eine düstere
Atmosphäre, verstärkt durch den in den gleichen Farben gehaltenen Buchschnitt. Die negativen…mehrHello!
Wer träumt nicht von einer ausgelassenen Kreuzfahrt mit seinen besten Freundinnen? Wie sich aus einer fröhlichen Tour eine lebensgefährliche Reise entwickeln kann, zeigt Jan Gangsei in ihrem Roman "Girls' Trip" auf.
Das in schwarzen Farbtönen schimmernde Cover verbreitet eine düstere Atmosphäre, verstärkt durch den in den gleichen Farben gehaltenen Buchschnitt. Die negativen Assoziationen werden gestützt durch den auf das Wesentliche reduzierten, im englischen Original belassenen, in grünen Farbtönen schillernde Titel "Girls' Trip". Der deutschsprachige Untertitel "Vier Freundinnen. Eine Luxusjacht. Eine tödliche Reise." ist in einem dunklen Lila in Szene gesetzt und beschwört die kommende Katastrophe hinauf.
Dieser packende Roman ist keine heitere Urlaubslektüre, sondern ein klassischer Locked-Room-Psychothriller. Er spielt an Bord einer in Privatbesitz befindlichen exklusiven Yacht, die den vielsagenden Namen "Escape" trägt und für eine fünftägige Reise von Key West (Florida) bis zum Zielort Grand Keyman gechartert worden ist Die vier Protagonist*innen sind vier junge Mädchen, verbunden durch den gemeinsamen Besuch einer auf das College vorbereitenden renommierten Prep School, wo sie sich miteinander angefreundet haben. Das Quartett will nicht recht zusammenpassen. Alle vier Mädchen haben etwas zu verbergen, sie hüten dunkle Geheimnisse, die sie nicht miteinander teilen wollen. Zwischen ihnen herrscht eine (toxisch anmutende) Dynamik, der Umgangston ist unterschwellig aggressiv, das soziale Gefälle an Bord deutlich herausgearbeitet. Giselle ist die einzige Tochter des vermögenden amerikanischen Senators Präsidentschaftskandidat Robert Haverford. Sie ist die ungekrönte Königin, ihre Freundin Emiene stammt aus gutsituierten Verhältnissen, sie ist die Tochter eines nigerianischen Fotomodells und eines griechischen Großreeders. Dahingegen stammt Vivian aus weit weniger begüterten Verhältnissen, ihre Eltern sind Lehrer, sie selbst konzentriert sich auf ihre schulische Ausbildung und erzielt die besten Noten, in ihrer Freizeit ist sie als freiberufliche Influencerin unterwegs, um sich mit gesponsertes Posts und Reels ein gutes Auskommen zu sichern. Maggie hingegen ist die große Unbekannte, sie ist relativ spät zu der einen gehobenen Lifestyle pflegenden, tonangebenden Clique an der Prep School gestoßen, schweigt sich über ihre Vergangenheit aus und gibt kaum private Informationen über sich preis, was sie zu einer potenziell gefährlichen, verdächtigen Außenseiterin macht.
Das Geschehen datiert auf April, es ist auf fünf Tage reduziert. Wenn man so will, wird es von hinten aufgerollt, mit einer Schreckensmeldung in den Nachrichten, gefolgt von zahlreichen Rückblenden. In erster Linie wird es vermittelt durch rückwärts ablaufende Erinnerungen aus der Ich-Perspektive von Maggie, durchbrochen von miteinander verzahnten Tagebucheinträgen, Zeitungsmeldungen, Interviews und offiziellen Verhörprotokollen. Durch diese geschickte Mischung wird die Spannung auf einem konstant hohen Niveau gehalten. Während der Lektüre tauchen immer mehr Fragezeichen im Kopf auf; man kann sich keine Verschnaufpause gönnen, sondern muss sich sehr konzentrieren, um die geballte Fülle an (verwirrenden, widersprüchlichen) Informationen zu verarbeiten. Die losen Fäden sind schwer zu durchschauen, korrekte Verbindungen schwer herzustellen. Letztendlich punktet die (nicht ganz schlüssige) Auflösung mit großen Überraschungen, die man nicht erwarten konnte. Alles in allem handelt es sich um eine fesselnde, tiefgründige Lektüre für junge (und junggebliebene) Leser*innen, die bitterböse Einblicke in die Welt von amerikanischen Teenagern aus der High Society gestattet.