Mit „Hunger und Zorn“ hat Alice Renard ihren Debütroman geschrieben, welcher ein eigenständiges Buch ist. Dieser Roman ist ein besonders Werk, handelt es von einem neurodivergenten Mädchen und wie sie sich selbst und auch ihre nähere Umwelt es wahrnehmen.
Bei diesem Roman hat mich der Klappentext
neugierig gemacht. Es klang nach einem besonderen und berührenden Werk und ich muss gestehen, dass…mehrMit „Hunger und Zorn“ hat Alice Renard ihren Debütroman geschrieben, welcher ein eigenständiges Buch ist. Dieser Roman ist ein besonders Werk, handelt es von einem neurodivergenten Mädchen und wie sie sich selbst und auch ihre nähere Umwelt es wahrnehmen.
Bei diesem Roman hat mich der Klappentext neugierig gemacht. Es klang nach einem besonderen und berührenden Werk und ich muss gestehen, dass ich keine großen Erwartungen an dieses Buch hatte. Daher war ich positiv überrascht, dass mich dieses Werk so bewegt hat.
Der Debütroman ist in drei Abschnitte unterteilt, indem unterschiedliche Protagonisten zu Wort kommen. Ich finde es gelungen, wie Renard hier mit der Sprache spielt. Die jeweiligen Charaktere haben unterschiedliche Ausdrucksweise, zusätzlich zu ihrer verschiedenen Ansicht zur aktuellen Situation. Dies führt dazu, dass man sich als Leser besser orientieren kann, wer hier das Wort hat. Aber auch, dass man sich besser in den jeweiligen Charakter einfinden kann und ihn dadurch noch mal besser kennen lernt. Gekonnt schafft es Renard hier eine dichte Atmosphäre und ein passendes Erzähltempo zu wählen. Als Leser merkt man gar nicht, wie die Seiten nur so dahinfliegen. Immer tiefer gelangt man in diesen Strudel und möchte wissen, wie es mit dem neurodivergenten Mädchen Isor weitergeht, wie sie ihren Weg geht.
Im ersten Teil wird die Geschichte aus der Sicht der Eltern erzählt. Sie müssen erkennen, dass ihr Mädchen Isor anders ist, dass sie etwas Besonderes ist und wohl nie so wie andere Mädchen in ihrem Alter sein wird. Man merkt den Eltern an, dass sie an ihre Grenzen kommen und dass sie allgemein mit der Situation überfordert sind. Aber dennoch versuchen sie ihr bestes und geben sich Mühe, sie gehen auf Isor ein und erkennen, was ihr Freude bereitet oder was ihr nicht so gut tut. Die Mutter spricht voller Liebe von Isor und man merkt ihr an, wie erschüttert sie ist, dass Isor anders ist. Dennoch hat sie Angst und stößt an ihre Grenzen. Der Vater ist oftmals überfordert und hat ebenso seine Zweifel. Teilweise arbeiten die beiden als ein gutes Team zusammen, aber es gibt auch Momente, wo sich beide uneinig sind. Im Grunde eine alltägliche Situation, stellenweise haben sie verschiedene Ansätze und Sichtweisen. Dennoch ist auf jeder Seite zu spüren, wie sie mit Isor ihr Bestes geben und ihr ein gutes Leben geben wollen. Oftmals ist die Verzweiflung zu erkennen, wie beide an ihre Grenzen stoßen. Ich fand diesen Abschnitt sehr bewegend. Die Eltern sind hin- und hergerissen. Sie versuchen, Isor so viel Liebe zu geben und dennoch ist es für die beiden kein einfaches Leben.
Im zweiten Teil wird aus der Perspektive von dem älteren Nachbarn Lucien erzählt. Er hatte bisher nur wenige Berührungspunkte mit Isor, bis sich dies schlagartig von einem Tag auf den anderen ändert. Dies passiert auch nur wegen einem Zufall, Lucien soll auf Grund eines Handwerker- Notfalls auf Isor aufpassen. Daraus entwickelt sich eine tiefe und wunderbare Freundschaft zwischen den beiden, welche sehr bewegend ist. Lucien akzeptiert Isor so, wie sie ist. Seine Sicht auf dieses Mädchen ist viel offener und nicht so voller Zwänge. Er geht auf sie ein und versucht Isor zu verstehen, möchte sie glücklich machen und dabei entwickeln die beiden gemeinsame Hobbies. Am Ende des zweiten Abschnittes pflegen die beiden eine besondere und innige Freundschaft und es hat mir Freude bereitet, mitzuerleben wie diese tiefe Beziehung aufgebaut wird. Diesen Teil habe ich sehr genossen, erlebt man hier Isor noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive und lernt neue Facetten an ihr.
Im dritten Teil kommt Isor selbst zu Wort. Als Leser bekommt man Einblicke in ihre Gedankengänge und lernt sie noch einmal mit ganz anderen Facetten kennen. Diese Eindrücke fand ich sehr gelungen und interessant. Jedoch bin ich bezüglich der Entwicklung von Isor etwas skeptisch. Ist solch eine Weiterentwicklung realistisch? Hier musste ich mir bewusstwerden, dass dies ein Roman ist und nicht immer alles realistisch sein muss. Für mich persönlich, hat dieser Abschnitt den realistischen Rahmen gesprengt und ist eher in den Bereich der Fiktion abgedriftet. Aber teilweise ist man auch überrascht, was der Mensch alles leisten kann. Daher hat mir zum Ende hin auch dieser Abschnitt auch wieder gefallen und ich habe mich für Isor gefreut, dass sie ihren Weg gegangen ist und ihr eigenes Leben gelebt hat.
Insgesamt hat Alice Renard mit „Hunger und Zorn“ einen berührenden und bewegenden Roman geschrieben, welcher den Leser nachdenklich zurücklässt. Es ist auf jeden Fall ein Werk, welches nachklingt und auch wenn man das Buch am Ende zuklappt, so bleibt einem der Inhalt noch länger im Gedächtnis. Von mir gibt es für diesen Debütroman 4 Sterne.