»Ich kenne dich ja viel zu wenig. Daher: Welch ein Fund, dieses Tagebuch!«
Als Roswitha Quadflieg nach dem Tod ihrer Mutter in deren Keller eine Kiste mit der Aufschrift „Briefe & Kurioses“ entdeckt, findet sie darin neben unzähligen Briefen auch ein Tagebuch ihres Vaters Will Quadflieg – die
meisten werden ihn durch die Faust-Verfilmung mit Gustaf Gründgens kennen –, welches die Zeit von 19.…mehr»Ich kenne dich ja viel zu wenig. Daher: Welch ein Fund, dieses Tagebuch!«
Als Roswitha Quadflieg nach dem Tod ihrer Mutter in deren Keller eine Kiste mit der Aufschrift „Briefe & Kurioses“ entdeckt, findet sie darin neben unzähligen Briefen auch ein Tagebuch ihres Vaters Will Quadflieg – die meisten werden ihn durch die Faust-Verfilmung mit Gustaf Gründgens kennen –, welches die Zeit von 19. März 1945 bis 21. September 1946 umspannt.
Damals suchte seine Frau mit den Kindern in Schweden Zuflucht, während er in Deutschland blieb, seiner Arbeit nachzugehen versuchte und sie vermisste.
Zehn Jahre später fängt sie an, sich mit diesem Dokument zu beschäftigen und stößt auf einen Mann, der stets nach Erfolg und Anerkennung strebte und dabei dem politischen Geschehen nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig schenkte.
Die jeweiligen Einträge werden stets ausführlich von ihr kommentiert, durch Briefe ergänzt und in den nötigen Zusammenhang gestellt. Dabei hinterfragt sie kritisch und lernt eine Version ihres Vaters kennen, die ihr neu war. Immer wieder wird deutlich, wie gerne sie ihren Eltern – jetzt, nach diesem Fund und dessen Lektüre – die nötigen Fragen stellen würde.
Ihr Buch ist eine emotionale und distanzierte Suche auf den Spuren ihres Vaters, den sie selbst nicht so kannte, wie manch andere.
Ein Frauenheld, egozentrisch und von narzisstischer Natur, prahlte er vor der eigenen Tochter damit, alle Frauen, die er wollte – bis auf eine Kollegin – auch bekommen zu haben. Der selbe Mann sprach seinen Kindern jegliches Erbe ab.
Meine Erwartungen an das Buch waren hoch und ich wurde nicht enttäuscht. Was Quadflieg mit diesem Buch und ihrer kritischen Reflexion hinsichtlich seines Lebens, besonders anhand des Tagebuchs, geleistet hat, ist enorm. Dabei hebt sie ihren weltbekannten Vater nicht vom Thron, das war allein sein eigener (Neben-)Verdienst.
»Auch du wusstest Bescheid, aber es hat dich nicht berührt, das ist der Punkt.«