Selten ist es mir persönlich passiert, dass ich mindestens eine halbe Stunde vor mich hin lächeln musste, nachdem ich mit einem Buch gerade fertig war. Und genau so geht es mir jetzt, denn „Das Kaff der guten Hoffnung“ ist höchstens amüsant!
Doch der Inhalt erscheint auf den ersten Blick alles
andere als witzig: Der Waisenjunge Kalle Ohnenamen (!) landet bei der Suche nach seinem verlorenen,…mehrSelten ist es mir persönlich passiert, dass ich mindestens eine halbe Stunde vor mich hin lächeln musste, nachdem ich mit einem Buch gerade fertig war. Und genau so geht es mir jetzt, denn „Das Kaff der guten Hoffnung“ ist höchstens amüsant!
Doch der Inhalt erscheint auf den ersten Blick alles andere als witzig: Der Waisenjunge Kalle Ohnenamen (!) landet bei der Suche nach seinem verlorenen, älteren Bruder in ein heruntergekommenes Kinderheim („Zur guten Hoffnung. Heim für schnell vermittelbare Kinder“) auf dem Gipfel des Gigantokapetels, wie der größte Berg oberhalb des unscheinbaren Örtchens Klein-Kalabrien genannt wird. Dort wird er von der „Heimleiterin und Schauspielerin“ Frau Helene-Griselde Galgenstrick, einer „untersympathischen Frau mit streichholzdünnen Lippen und versteinerten Miene“, schnell in die geheime Unterkategorie der unvermittelbaren „Makel-Kids“ eingestuft und zusammen mit drei noch schrägeren Kindern (dem riesigen Mädchen Magda, dem pummeligen, „zahnbespangten“ Stotterer Theobald und der kulleräugigen, böse blickenden Röschen) zur Strafarbeit verurteilt. Als wäre dies nicht schlimm genug, taucht in der Kleinstadt noch der fiese Graf Arg von Hinterlist mitsamt Diener und Hund (beide namens Dieter!) auf und erhebt zweifelhafte Erbansprüche auf ganz Klein-Kalabrien inklusive Umland, Gigantokapetel und Kinderheim. Ob, wie und mithilfe von welchen skurrilen Figuren Kalle Ohnenamen und seine Freunde ihr Zuhause retten werden, soll hier nicht verraten werden, um den Spaß am Lesen nicht zu verderben.
Dieses Buch ist ein wahres Sprachfeuerwerk, das von Worterfindungsgeist und sprachlichem Witz buchstäblich explodiert! Allein die Namen der Hauptdarsteller (nicht nur die bereits erwähnten Heimleiterin und Graf, sondern auch beispielsweise der feige Bürgermeister Dr. Balduin Sesselfurz) genügen, um sich von den Sprachkünsten des Autors zu überzeugen. Nicht unerwähnt sollen dabei die farbenfrohen Adjektive und Wortkombinationen bleiben, die Situationen, Figuren und Schauplätze gekonnt und phantasiereich untermalen: Auf den knapp 200 Seiten dieses Buches begegnen wir eine pausbäckige Köchin mit knallroter Turmfrisur, einen Leberwurstgrau gekleideten Mann mit Halbglatze, einen übellaunigen, mit einem fransigen Mob bewaffneten Hausmeister (bei der Nebenanmerkung „Vermutlich hatte ihn aber eben diese Übellaunigkeit auch zum Hausmeister des Kinderheims werden lassen“ musste mein neunjähriger Sohn echt schmunzeln!), trainingsbeanzugte Bodyguards, und dann auch noch perlenkettendicke Spinnweben, salzstangendünne Ästchen, bananendicke Daumen, krallengleiche Hände, toastbrotdicke Augenbrauen, pupswarme Cocktails mit Schirmchen und Zuckerrand, Karamell-Bonbon-Stimmen, Protzautos, Gartoffeln, die bereits gekocht aus dem Boden kommen, Pferdbeeren, die davon hoppeln, wenn man nicht schnell genug danach greift…
Doch stellt die wahnsinnig witzige, anspruchsvolle, sprudelnde Sprache nicht der einzige Grund dar, dieses Buch zu lesen und zu lieben. Hinter den unzähligen Wortspielen und den skurrilen Gestalten, die aus den Seiten dieses Kinderromans herausströmen, verbirgt sich eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft, Mut, Familie, Suche nach sich selbst und Zugehörigkeitsgefühl. Diese wird den Kindern auf originellster Weise von Kai Lüftner erzählt und von den lustigen Illustrationen von Dominik Rupp begleitet.
Fazit: Ein großer Spaß für Groß und Klein, bestens geeignet nicht nur als Selbstlesebuch für Kinder ab 10 (aufgrund des schnellen Erzähltempos und der anspruchsvollen Sprache), sondern auch als Vorlesebuch für die ganze Familie! Wir sind gespannt auf die Fortsetzung, denn das Finale des Buchs lautet (zum Glück) „KEIN ENDE“!