Ottolenghi, Manufaktum, Ittala, einladender dänischer Esstisch, Open House, effortless, Wiesenblumen, Quiche Lorraine, Cremant, IPhone, Instagrampost. Neue Wohnung, Bananenkisten, unausgepackt. Innenstadt, wohl Wien. Zwei Paare, Weiß, österreichisch, eins mit Kind, eins ohne, ein Schweizer, Dozent,
der immer etwas zu dozieren hat, seine Freundin kommt nicht mit. Schwarze Musik, kultiviert, leise,…mehrOttolenghi, Manufaktum, Ittala, einladender dänischer Esstisch, Open House, effortless, Wiesenblumen, Quiche Lorraine, Cremant, IPhone, Instagrampost. Neue Wohnung, Bananenkisten, unausgepackt. Innenstadt, wohl Wien. Zwei Paare, Weiß, österreichisch, eins mit Kind, eins ohne, ein Schweizer, Dozent, der immer etwas zu dozieren hat, seine Freundin kommt nicht mit. Schwarze Musik, kultiviert, leise, wie Easy Listening im Hintergrund, dabei hätte sie etwas zu sagen.
Die Zutaten eines sich als progressiv verstehenden Weißen heterosexuellen Akademikertums in der Großstadt in den 40ern enden nicht, ebensowenig wie die prototypisch bemühten Gedanken und Dialoge, die sich mit einem Lächeln lesen, das ertappt stecken bleibt.
»Auf dem Schemel neben den Füßen der Nachbarin lag ein zerfleddertes Buch mit dem polnischen Titel 𝐷𝑦𝑠𝑡𝑖𝑛𝑐𝑘𝑐𝑦𝑗𝑎 von Pierre Bourdieu.« ( | 129) Wer noch nicht an Bourdieu dachte, möge es tun, die Autorin reiht die Codes der 𝐷𝑖𝑠𝑡𝑖𝑛𝑘𝑡𝑖𝑜𝑛 aneinander und kontrastiert 𝐷𝑖𝑒 𝑓𝑒𝑖𝑛𝑒𝑛 𝑈𝑛𝑡𝑒𝑟𝑠𝑐ℎ𝑖𝑒𝑑𝑒 mit einer 𝐴𝑛𝑑𝑒𝑟𝑒𝑛. Besagte als slawisch bezeichnete Nachbarin schleicht sich immer wieder in die Szenerie, die Codes beherrscht sie nicht. Nur eine beiläufige Irritation, ebenso wie eine internationale Zufallsbekanntschaft, die ins Selbstbild passt, bis das amerikanische Paar sich besorgt gegen Geflüchtete äußert. Zudem stört eine aufkommende Spannung die postbürgerliche Ruhe, die ihre sexuellen Bedürfnisse in Essen zu sublimieren sucht.
Gut durchkomponiert und aufeinander abgestimmt sind Essen, Getränke, Erinnerungen, Playlist, Kleidung, Interieur, Gedanken, Dialoge, Sound und Szenerie, die Präauer in drei Varianten durchspielt, in denen kleine Details den Abend anders verlaufen lassen. Eine erwartbare Eskalation à la "Der Gott des Gemetzels" von Reza liegt in der Luft, doch verhallt sie mit einer distanzschaffenden pseudosoziologischen Erzählstimme. In der Runde selbst ebbt jede Spannung gefällig ab. »Kochen im falschen Jahrhundert« ist wahrlich kluge Unterhaltung, die eine geschickt dosierte Prise Provokation und Unbehagen enthält.