Die einzige Biografie des Glücksschweins
Schon seltsam, dass neben dem Wittelsbacher der Landesherr von Oberösterreich sich bei Carl Theodor für das Innviertel bedankt.
Für Carl Theodor mietete die mütterliche Verwandtschaft in Drogenbusch bei Brüssel eine Sommerresidenz und im Winter in
Brüssel, das waren die Orte, wo er aufwuchs. Seine Mutter starb bei der Geburt der Schwester, als er 4 war,…mehrDie einzige Biografie des Glücksschweins
Schon seltsam, dass neben dem Wittelsbacher der Landesherr von Oberösterreich sich bei Carl Theodor für das Innviertel bedankt.
Für Carl Theodor mietete die mütterliche Verwandtschaft in Drogenbusch bei Brüssel eine Sommerresidenz und im Winter in Brüssel, das waren die Orte, wo er aufwuchs. Seine Mutter starb bei der Geburt der Schwester, als er 4 war, die Großmutter längst tot, also wuchs Carl Theodor bei der Urgroßmutter auf, die bei seiner Geburt gerade 53 Jahre alt war. Von ihr erbte er sein erstes Land: Markgraf von Bergen op Zoom
Doch das Erben ging munter weiter: 1732 starb der Großvater, 1733 der Vater in Sulzbach, er wurde Herzog von Pfalz-Sulzbach. Mehr war von Eltern nicht zu holen. Er musste heiraten.
Wie gut, dass es in der Linie Pfalz-Neuburg an männlichen Erben fehlte. Der Kurfürst Carl Philipp überlebte seinen Sohn, der aber nur drei Töchter hatte. Und so wurde die älteste Elisabeth Auguste zu seiner Gattin auserkoren. Der Nachteil für ihn: Er musste Brüssel und die geliebte Urgroßmutter verlassen, an den pfälzischen Hof ziehen und die Wutausbrüche seiner zukünftigen ertragen.
Der Vorteil: Passend zu seiner Volljährigkeit starb Carl Philipp 1742 und Carl Theodor Herrschte nun als Kurfürst von der Pfalz, Herzog von Pfalz-Neuburg, Herzog von Berg und Herzog von Jülich. Wir müssen Ravenstein auslassen, was im Buch auch nicht erwähnt wird, weil er sonst mit dem Erbe Bayern nicht Herr über sieben, sondern Herr über 8 Länder geworden wäre.
Wer so viele Länder besitzt, der weiß ja gar nicht wo er sich niederlassen soll. Die Lösung ist eine Reise. Im September 1746 kommt er nach Düsseldorf und hier wäre ihm tatsächlich die Decke auf dem Kopf gefallen, wenn er nicht 31.8. 1747 gerade im Ballhaus gewesen wäre. (54) Wie marode das Stadtschloss war, erzählt dir in Düsseldorf keiner und Schloss Benrath musste Carl Theodor auch erst wieder neu bauen lassen. Also verlässt er die Residenzstadt im September 1747 wieder in Richtung Mannheim.
Jetzt wo die Residenzstadt feststeht, kann er auch die Sommerresidenz in Schwetzingen ausbauen. 1766 kauft er eine Figurengruppe des Dichters und Sängers Arion von Lesbos von B. Guibal aus dem Nachlass des polnischen Königs. (71) Ein Jahr später wollte Casanova den Kurfürsten besuchen, im Schloss ist er wohl gewesen, eine Audienz bekam er nicht.(76) Aber darüber schweigt der Angeber natürlich in seinen Memoiren.
Nicolas de Pigage ist der Name, den man sich in Schwetzingen merken muss. Er schuf dort auch „Das Ende der Welt“. Es ist aber nur profan der Zusammenfluss von Neckar und Rhein. (82) Goethe erweckte diese Idylle Arkadiens zu Mignons Lied.
Seine Ehe war nie die beste. Trotzdem sollte 1761 ein Thronfolger geboren werden, der aber im Geburtskanal stecken blieb und dann von der Zange getötet wurde. So genau wollen wir es auch gar nicht wissen, jedenfalls entzog Carl Theodor der Gattin 1770 die Aufsicht über die Sommerfestspiele. Dafür schuf er sich einen Geheimen Garten. Sein Angestellter Sckell fasst die Prinzipien zusammen: „Die gesamte Gartenbaukunst ist auf drei Hauptregeln zu reduzieren:
Schaffung von Kontrasten, Bildung von Überraschungen [und] Verschleierung der Grenzen.“ (86)
1766 wurde Carl Theodor in Heidelberg berühmt. Ihm war das Riesenfass zu klein, er ließ ein größeres bauen. Zur Silberhochzeit sollte es fertig sein, doch die Arbeit der Küfer war so schlecht, dass dort nur Luft lagert.
Im November 1774 reiste Carl Theodor gen Italien, um sich von einer Krankheit zu erholen, inkognito als „Graf von Veldenz“.
1777 endete die Herrlichkeit. Carl Theodor erbt Bayern, sein 7. Land. Er hatte sich vorher beschwatzen lassen, seine Residenz nun auch dorthin zu verlegen. Das klingt heute plausibel. Wer aber bedenkt, dass seine Sommerresidenz nun Landshut heißt, hört in einem Wort, wie viel er im Vergleich zu Schwetzingen verloren hat.
Die Bayern werfen ihm vor, er hätte Bayern gegen seine Heimat die österreichischen Niederlande getauscht, die Pfälzer, dass er seine ganze Kunst nach München brachte. Mannheim litt sehr. Die Einwohnerzahl sank von etwa 25.000 (1773) auf 22.500 (1786), während München rund 40.000 (1782) Einwohner hatte. (156)
Nicht immer war Carl Theodor gesund. 1781 hatte er zwei Schlaganfälle und sein Hofarzt von Harrer war ständig besoffen. Kein Wunder, er kam aus Heidelberg. (163)
Doch auch in München schuf CT Gärten wie C.L. Hirschfeld in seiner „Theorie der Gartenkunst“ schrieb, sogar den ersten Volksgarten auf dem Kontinent.(189) Und die chinesische Pagode war so brandneu, dass sich Sckell nicht darüber freute. Auch in Düsseldorf wurde der Hofgarten öffentlich und mit Figuren ausgestattet. (190)
1799 nach zweiter misslungener Ehe endete auch sein Leben. Sein Grab befindet sich in der Hof- und Theatinerkirche in der Gruft der Wittelsbacher. Die linke Seite des Rheins war längst von den Franzosen besetzt.
Obwohl die Glücksschweinanekdote fehlt, gibt es von mir volle 5 Sterne. (gekürzt)