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© BÜCHERmagazin, Margarete von Schwarzkopf (mvs)
FRANKFURT "Magnolienmord" heißt Elsemarie Maletzkes neuer Frankfurter Gartenkrimi, der heute erscheint.
Von Claudia Schülke
Diamanten mag sie nicht, aber: "Ich liebe Bäume", sagt Elsemarie Maletzke. Für Bäume würde sie auf die Straße gehen. Anketten würde sie sich aber nicht an einen Baum, um ihn vor der Säge zu retten, wie Baumaktivisten es tun. Die Autorin musste gerade mitansehen, wie die Eiben vor ihrer Wohnungstür gefällt wurden, dort, wo hinter dem Nibelungenplatz die Turnhalle der Fachhochschule abgerissen wird. Eiben gehören zwar nicht zu ihren Lieblingsbäumen, aber der Lärm der Kettensäge dröhnt ihr noch immer im Kopf. Wie ihrer Heldin Elinor, die die hohen Fichten in ihrem Schattengarten absägen lässt. "Fichten gehören ja auch nicht in einen Garten", sagt Maletzke. Sie hat einen robusten Staudengarten vor ihrem Haus nahe Bad Kreuznach gepflanzt: einen Garten, "der sich um sich selbst kümmert", denn die Gärtnerin wohnt ja unter der Woche im Frankfurter Nordend.
Dort, im Nordend, spielt auch ihr Gartenkrimi "Magnolienmord", der heute beim Frankfurter Verlag Schöffling & Co. erscheint, genauer: zwischen der Deutschen Nationalbibliothek im Westen, der Friedberger Landstraße im Osten und dem Israelitischen Friedhof am Nordrand der Rat-Beil-Straße. Hier steht das ererbte "Blauhaus", in dem ihre Heldin Elinor wohnt, die als fiktive Leiterin des - echten - Exilarchivs in der "Nabi" arbeitet und gern über den verwunschenen Friedhof streift, wo im März die Blausterne blühen. "Eine wunderbare Örtlichkeit", findet Maletzke und: "Da musste doch mal etwas Dramatisches passieren." Als ihr dann auch noch ein Fuchs über den Weg lief, war der Anfang ihres Frankfurter Gartenkrimis geboren: Elinor versorgt einen durstigen Fuchs mit Wasser, der Fuchs scharrt am Grabstein von Ruthchen Feibelmann und findet - Geheimnisvolles. Es gibt nämlich noch zwei weitere Koordinaten: das Diamantenviertel von Antwerpen und das Arboretum im polnischen Kórnik nahe Poznán.
Maletzke, die auch als Reisejournalistin arbeitet, war noch nie in Polen. In Antwerpen aber schon. Erst im November 2018 hat sie sich dort in der Hoveniersstraat zwischen lauter Betonkästen und Videokameras herumgetrieben: "Alles gepanzert." Das Arboretum in Kórnik hat sie nur im Internet besucht. Von dort kommt der Magnolienexperte Simon Jankowski und mietet sich bei ihrer Elinor ein. Allerdings hat er diesmal keine exotischen Stecklinge dabei, sondern etwas, das die Geschichte bis nach London ausdehnt. Die Hausherrin schickt ihn mit einer Kettensäge in ihre Fichtenwipfel, von wo er schneller als erwünscht wieder herabkommt. Als Elinor merkt, was sie da für ein Früchtchen beherbergt, erwacht auch in ihr die kriminelle Energie. Mit Simons Sohn Filip reist sie nach Antwerpen, um "ihr" Haus vor ihrer Schwester Bibi zu retten: mit Fuchsbeute. Ich liebe Elinor", sagt die Autorin über ihre Figur. "Sie ist eine Frau mit vielen Facetten, verletzlich, aber auch schroff." Das kann man wohl sagen. Und mutig ist sie auch. Waghalsig geradezu. "Sie traut sich." Beinahe geht das schief. Elinor liebt ihr Haus und ihren bislang noch weißen Garten. Simon dagegen liebt seine Bäume. Um seine Magnolien vor einem Erpresser zu retten, macht er sich auch die Hände schmutzig - nicht nur mit Gartenerde. Das macht ihn sympathisch. "Formschnitt ist ihm ein Graus", zitiert ihn die Autorin, die selbst allerdings einen in Tierform geschnittenen Buchs in ihrem Garten hegt. Buchs in Zeiten des gefräßigen Buchsbaumzünslers? "Ich muss ihn jetzt schneiden", gibt sie zu, "und im April behandele ich ihn mit Algenkalk."
Künftig will Maletzke im Mai und Juni nicht mehr verreisen. "Diese Monate gehören dann dem Garten." Im Frühsommer blühen bei ihr Päonien und Rosen, die englischen, die sie so liebt, und die ungefüllten Rugosa. Sie ist kein Fan des Baumverstehers Peter Wohlleben, sondern der englischen Hortikultur verfallen. Überhaupt: England, das viktorianische zumal, hat es ihr angetan. Immer wieder reist sie über den Kanal, hat etliche Biographien über Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts verfasst, über die Brontë-Schwestern und Jane Austen. In "Magnolienmord" kommt eine Frau Hensel vor, Mieterin im "Blauhaus", die ganz im viktorianischen Zeitalter aufgeht und all die Dichterinnen zitiert, die Maletzke gelesen oder beschrieben hat. Ein heimliches Selbstporträt? Diesen Verdacht weist die Autorin empört von sich: "Das ist Fiktion!" Autor und Figur sind nun mal zweierlei, alles andere wäre unprofessionell.
Und ein Profi, das ist sie. Vor zwei Jahren hat sie das Tagebuch der Charlotte Brontë übersetzt und herausgegeben, für den Spätsommer plant sie ein Reisebuch über England: Sie will den Great West Way zwischen London und Bristol erkunden und recherchiert bereits über den Eisenbahn-Ingenieur, der ihn erschlossen hat. Aber: "Der Krimi ist eine Form, die mir entgegenkommt, weil er Regeln hat", sagt sie. 2013 war ihr erster Gartenkrimi bei Schöffling erschienen: "Giftiges Grün" spielt mit den chemischen Substanzen von Pflanzen wie Eisenhut und Rizinus. Eisenhut blüht auch in Maletzkes Garten, Bäume dagegen machen sich bei ihr rar. Nur ein Weinbergpfirsich und eine kleine Birne im Kübel halten die Stellung. Ins Arboretum von Kórnik will Maletzke aber noch reisen. Vielleicht bringt sie dann eine Yulan-Magnolie für ihren Garten mit - Simons Lieblingsbaum.
ELSEMARIE MALETZKE,
"Magnolienmord", Gartenkrimi, Schöffling & Co., Frankfurt, 248 Seiten, 18 Euro
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