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Undine de Rivière legt eine PR-Schrift für käuflichen Sex vor
Die Medien, heißt es in der Verlagswerbung für dieses Buch, produzierten "eine bestimmte - und oft auch sehr negative - Meinung zum Thema Prostitution". Dagegen setze die Autorin ein "unverzerrtes" Bild. Endlich solle Schluss sein mit der Diskriminierung der "Sex-Arbeiter_innen". Damit ist die Botschaft des als Erfahrungsbericht auftretenden Buchs auch schon umschrieben: Es lässt sich nur verstehen als eine Null-Probleme-Werbeschrift für das Prostitutionsgewerbe, die zum Ende hin in altvertraute politische Formeln mündet, nämlich die geltenden (oder gar weiter gehende) Meldegesetze seien "Bevormundung" und "staatliche Gewalt" und Sexarbeit ein "Job wie jeder andere". Die zitierte Literatur hierzu (und auch insgesamt) ist einseitig ausgewählt, viele Neuerscheinungen zum Thema Prostitution - Wissenschaft, anders lautende Erfahrungsberichte - werden ignoriert.
Die Autorin ist eine im Fernsehen und in anderen Medien gern eingeladene Expertin: Bordellbetreiberin im Luxussegment (in der cleanen Sparte: Domina) und Lobbyistin, ehemalige Pressesprecherin des "Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen", der freilich nur eine winzige Zahl von Mitgliedern hat. Selbst wenn wirklich alle Verbandsmitglieder als Prostituierte arbeiteten, läge der Organisationsgrad dieses vom Alltag in der Sexbranche so begeisterten Verbandes im Null-Komma-Bereich.
"Fragt uns doch mal!", lautet das Motto, denn Sexarbeit habe angeblich keine Stimme und daher finde man sie hier. Der Verband zieht - ohne sich auf die Fachkontroversen hierzu einzulassen - gegen das schwedische Modell zu Felde, schildert Kundenkontakte als in jeder Hinsicht selbstbestimmt (Zuhälter spielen keine Rolle), neutralisiert "Gang-Bang" zu "Gruppensex mit mehr Männern als Frauen" und leugnet die Existenz von Zwangsprostitution: im Buch steht das Wort in Anführungszeichen. Auch sonst ist Undine de Rivière nicht zimperlich, was Fakten angeht. So behauptet sie, es gebe keine seriöse Forschung zu Prostitution. Das macht "Erfahrungsberichte" dann zur scheinbar einzig echten Quelle.
Bleibt die Frage, als was der Verlag diese "unverhüllten Einblicke in die Welt der Sex-Arbeit" vertreiben will. Als Sachbuch, das Realitäten abbildet? Als persönliche Geschichte? Man muss den Untertitel beim Wort nehmen: Es geht um PR für "Business".
pgg.
Undine de Rivière: "Mein Huren-Manifest". Inside Sex-Business. Heyne Verlag, München 2018. 272 S., br., 14,99 [Euro].
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