Gelungene Zeitreise
Aus ist es mit der beschaulichen Ruhe auf der Klosterinsel, denn es treibt ein Möder oder gar ein Werwolf sein Unwesen. Wie sonst sind die Verletzungen an der Kehle zu erklären, wenn nicht die scharfen Reißzähne der Bestie zugeschlagen haben. So ganz will Abt Walahfrid Strabo
diese Theorie nicht glauben und setzt alles daran, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Gemeinsam…mehrGelungene Zeitreise
Aus ist es mit der beschaulichen Ruhe auf der Klosterinsel, denn es treibt ein Möder oder gar ein Werwolf sein Unwesen. Wie sonst sind die Verletzungen an der Kehle zu erklären, wenn nicht die scharfen Reißzähne der Bestie zugeschlagen haben. So ganz will Abt Walahfrid Strabo diese Theorie nicht glauben und setzt alles daran, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Gemeinsam mit seiner Nichte Lindberga beginnt die Spurensuche und beide ahnen nicht, dass sie schon bald selbst ins Visier geraten...
„Mord auf der Klosterinsel“ führt auf die Klosterinsel Reichenau – eigentlich ein Ort der Stille und des Glaubens, der sich jedoch bald in eine Bühne voller Angst, Aberglaube und dunkler Geheimnisse verwandelt. Schon nach den ersten Seiten sind die Lesenden völlig in diesem Mikrokosmos gefangen und nehmen das Flüstern im Halbdunkel der Klöstergänge wahr, riechen das Wachs der Kerzen, hören das Rascheln der Mönchskutten und spüren immer einen kalten Hauch, der sich durch die Seiten seinen Weg bahnt.
Heidrun Hurst versteht es meisterhaft, diese beklemmende Stimmung einzufangen und in eine begehbare Kulisse zu verwandeln. Gleichzeitig macht sie auch deutlich, dass Glaube und Aberglaube oft eng miteinander verbunden sind. Sie betont außerdem, wie schwierig es für den Menschen ist, in Situationen der Angst vernünftig zu bleiben und nicht in irrationales Denken zu verfallen .
Abt Walahfrid Strabo – klug, beherrscht und doch von inneren Konflikten zerrissen – ringt darum, Licht ins Dunkel zu bringen. Unterstützt wird er von Lindberga, seiner furchtlosen Nichte, die mit klarem Verstand und offenem Herzen handelt und defintiv nicht auf den Mund gefallen ist. Mit einem feinen Augenzwinkern durchbrechen ihre Auftritte die düstere Atmosphäre und nehmen ihr ein wenig von ihrer erdrückenden Wucht.
Hurst schildert die politischen und kirchlichen Strukturen der Karolingerzeit so präzise und doch so unaufdringlich, dass alles natürlich ineinandergreift. Man spürt die Sorgfalt der Recherche, aber nie wirkt der historische Hintergrund belehrend oder missionarisch, sodass sich die Leserschaft gerne auf diese intensive Zeitreise begibt und einen Blick hinter den Vorhang wirft.
Die Handlung ist klug durchdacht, bietet die Möglichkeit, eigene Ermittlungen anzustellen und lässt sich durch den flüssigen und bildhaften Schreibstil sehr gut lesen. Bis zur Auflösung bleibt es spannend, denn viele finstere Wendungen sind nicht vorhersehbar und fesseln die Lesenden an die Seiten.
Eine gelungen Zeitreise, die nach dem Auftauchen aus der Karolingerezeit noch lange in Erinnerung bleiben wird.