Otto Kadoke ist Psychiater, der sich auf Suizidprävention spezialisiert hat. Seine pflegebedürftige Mutter wird von jungen Nepalesinnen betreut, bis er eines der Mädchen massiv sexuell bedrängt und sich nun selbst um alles kümmern muss. Doch dann lernt er während seiner Arbeit die stark
selbstmordgefährdete Michette kennen und wagt mit ihr ein Experiment: Sie soll die Pflege seiner Mutter…mehrOtto Kadoke ist Psychiater, der sich auf Suizidprävention spezialisiert hat. Seine pflegebedürftige Mutter wird von jungen Nepalesinnen betreut, bis er eines der Mädchen massiv sexuell bedrängt und sich nun selbst um alles kümmern muss. Doch dann lernt er während seiner Arbeit die stark selbstmordgefährdete Michette kennen und wagt mit ihr ein Experiment: Sie soll die Pflege seiner Mutter übernehmen... .
Der Autor Arnon Grünberg hat hier einen vielschichtigen Roman geschrieben, der neben der Darstellung einer ganz besonderen Mutter-Sohn-Beziehung auch einen Einblick in die Arbeit eines Psychiaters gibt, der mit seinen eigenen Grenzen konfrontiert wird.
Im Mittelpunkt der Handlung befindet sich stets Otto Kadoke, der seine um Distanz bemühte professionelle Haltung auch außerhalb seines Berufs nicht ablegen kann. Anfangs wirkte er auf mich etwas stumpf und träge, doch relativ schnell merkt man, dass hinter seiner kühlen Fassade ein starkes Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung steckt. Genau diese Tatsache erkennt seine Mutter, die ihn einerseits gerne herumkommandiert und ihn kritisiert, aber andererseits ihren Sohn einfach nur lieb hat. Im Bezug auf ihre Figur erlebt man als Leser eine große Überraschung, mit der ich so nicht erwartet hätte.
Während man im ersten Teil viel über die Mutter-Sohn-Beziehung erfährt, bekommt die Handlung eine ganz neue Wendung durch die borderlinekranke Michette. Mir ihr hat es bald den Anschein, als ob sie ihren Psychiater auch auf eine gewisse Art und Weise therapiert.
Arnon Grünberg schreibt gut lesbar und schafft es, seine Figuren und deren Beweggründe für ihr Handeln gut herauszuarbeiten. Obwohl das Buch vom der Grundstimmung eher melancholisch angelegt ist, gibt es doch immer wieder Momente, in denen man schmunzelt und wegen der teilweise sehr skurillen Szenen lachen kann. Allerdings ist das Erzähltempo ein wenig langsam und manchmal verliert sich Grünberg in seinen übermäßig vielen Dialogen und Beschreibungen.
Insgesamt ist ,,Muttermale" ein besonderer Roman über gewöhnliche und außergewöhnliche Beziehungen, der viel Stoff zum Nachdenken bietet und mich persönlich sehr angesprochen hat. Ich kann das Buch daher nur weiterempfehlen.