Der Schriftsteller Jürgen Becker (1932 in Köln geboren) hat zahlreiche bedeutende Literaturpreise erhalten, ist Mitglied der Akademie der Künste, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und des PEN-Zentrums Deutschland. In seinen letzten Prosawerken hat Becker seine literarischen
Ausdrucksmittel reduziert, indem er die Formen von Roman, Tagebuch, Reisebericht und journalistischem Text…mehrDer Schriftsteller Jürgen Becker (1932 in Köln geboren) hat zahlreiche bedeutende Literaturpreise erhalten, ist Mitglied der Akademie der Künste, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und des PEN-Zentrums Deutschland. In seinen letzten Prosawerken hat Becker seine literarischen Ausdrucksmittel reduziert, indem er die Formen von Roman, Tagebuch, Reisebericht und journalistischem Text vermischte. So entstanden Miniaturen, Beobachtungen und Reflexionen, die dem Alltag abgewonnen waren. In der vorliegenden Neuerscheinung „Nachspielzeit – Sätze und Gedichte“, die kurz nach seinem 92. Geburtstag erschien, werden seine Prosaäußerungen noch sparsamer, mitunter sind sie auf einen einzigen Satz minimiert.
Meist sind es alltägliche Beobachtungen und Wahrnehmungen, die der Autor festhält. Oft ist es nur ein neugieriger Blick aus dem Fenster. Oder es tauchen frühere Begebenheiten und Erinnerungen auf. Bilder aus der Kindheit, aus dem Krieg, den Becker als Jugendlicher erlebt hat. Neben den gegenwärtigen Beobachtungen will er das Vergessene festhalten … und wenn es nur mit einem Satz ist. „Und jeder Satz sollte haben und hat sie doch nicht, die Eigenschaft einer Lupe, eines Fernrohrs.“ Die Prosagedichte sind dagegen eher Selbstgespräche über das eigene Leben. Hier schweifen die Gedanken zurück an verschiedene Lebensorte, an die Kriegskindheit in Thüringen oder die Schulzeit in Köln. Die Gedichte sind in dem unverwechselbaren Becker-Sound verfasst, der den Leser/die Leserin schnell gefangen nimmt. Während der Lektüre erstaunt es, wie es Becker immer wieder versteht, die deutsche Sprache für scharf pointierte Kürze und feine Nuancierungen zu nutzen. Ein Buch, das zum stetigen Blättern einlädt.
Der Titel „Nachspielzeit“ hat zwar etwas Endgültiges, wie eine letzte Bestandsaufnahme; doch Beckers Leser*innen hoffen auf eine Verlängerung. Dazu wünschen sie Gesundheit und Schaffenskraft.