Die New York Times sagt „This book is impossible to summarize“. In fact! Aber ich MUSS es versuchen. Ich MUSS meine Freude, Verblüffung und den wonnigen Schock, in dem ich mich seit Tagen befinde, mit der Welt teilen.
Daniel Mason spielt in seinem großen amerikanischen Roman mit Zeit und Raum. Er
zoomt als allwissender Erzähler auf ein Haus in den Wäldern von Massachusetts. Über 400 Jahre…mehrDie New York Times sagt „This book is impossible to summarize“. In fact! Aber ich MUSS es versuchen. Ich MUSS meine Freude, Verblüffung und den wonnigen Schock, in dem ich mich seit Tagen befinde, mit der Welt teilen.
Daniel Mason spielt in seinem großen amerikanischen Roman mit Zeit und Raum. Er zoomt als allwissender Erzähler auf ein Haus in den Wäldern von Massachusetts. Über 400 Jahre bleibt er hier bei seinen Bewohnern. Im 17. Jh., kurz vor der amerikanischen Revolution, beschließt ein junges Liebespaar, das wegen seiner unterschiedlichen Herkunft keins sein darf, dass der erste Stein für das Haus das Ende ihrer Flucht und den Anfang der Geschichte besiegeln soll. Doch der Erzähler hält ihr schnelles Ende durch gewaltsamen Tod und Vertreibung bereit.
„Auf der Wiese, unter weichen Erdhügeln, liegen die Leichen der Frau und der drei Männer, und im Bauch des Mannes, der der Frau mit dem Kind den Apfel angeboten hat, befindet sich ein Stück vom Kerngehäuse, in dem noch drei Apfelkerne stecken.“ S.31
Die verwesenden menschlichen Körper bilden den Boden der blühenden Ära des Hauses, denn aus dem Apfel, der aus ihnen wächst, entwickelt ein kriegsmüder Apfelbauer eine florierende Plantage. Die ungleichen Zwillingstöchter führen sein Erbe fort, doch Liebe und brennender Neid zerstören seine goldene Zeit. Andere finden das Haus, ein Maler, der unsterblich in die Natur und einen Schriftsteller verliebt ist, dem er von hier leidenschaftliche Briefe schreibt. Doch die Zeit ist nicht reif für diese Liebe. Auch das Haus verändert sich über die Jahre, aus der Hütte wird ein Anwesen, das Grundstück verwildert und wird wieder kultiviert, Wald und Arten sterben und schaffen gleichzeitig neuem Leben Raum. Das Haus ist Fluchtpunkt, Versteck, Lebensmitte und Grab. Geister treiben ihr Unwesen, lassen die alten Dielen knarren und reißen Eindringlinge ins Verderben. Es wird geliebt, gehasst, gespukt, gelacht und geweint.
Schön fand ich die grenzenlose Fantasie, das leichtfüßige Spiel mit literarischen Formen, die bildhafte mitreißende Sprache, das berauschende Nature Writing und den feinen, ironischen Humor, mit dem Daniel Mason uns durch die Seiten treibt.
Kapitel für Kapitel, von Generation zu Generation, werden wir Zeuge von Krieg, Tod und Gewalt, Unwettern, Umweltzerstörung, Artensterben, der Invasion neuer Arten, Neid und Verrat. Wir spüren aber auch eine immense Lebenskraft und etwas Verbindendes, das den Tod überdauert.
Verblüfft war ich, wie verloren geglaubte Fäden plötzlich wieder auftauchen und neue Verbindungen schaffen, neuen Sinn geben. Spaß hatte ich an den kleinen Illustrationen, Karten, Fotos, Briefen, Zeitungsartikeln und Gedichten, die wie Moritaten in einem mittelalterlichen Schauspiel die Moral der Geschichte verbildlichen.
Diesen Roman kann man nicht lesen, ohne jemandem davon erzählen zu wollen. Vielleicht pflanzen wir uns so fort. Weil wir Geschichtenerzähler sind, weil unsere Geschichten der rote Faden unseres Daseins sind.
Es ist eins der unterhaltsamsten und gleichzeitig komplexesten Bücher, das ich je gelesen habe. Ein großes Glück!