Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Der Journalist und Abenteurer Michael Wigge begibt sich mit Pappschildern, die Aufschriften tragen wie "Ende der Welt", "No Money", "Butler gegen Zugticket" auf eine fünfmonatige Tramp- und Tauschreise von Köln über Nord- und Südamerika bis in die Antarktis. Auf den zurückgelegten fünfunddreißigtausend Kilometern wendet der Rucksackreisende Kniffe und Spartricks an wie den Dackelblick, den "Toten-Winkel-Trick" im Zug, tageweises "Couchserving" oder "Dumpster Diving" in den Müllcontainern der Supermärkte. Doch der "Selbstversuch" auf Zeit und das Zusammenleben als pseudomittelloser Mitteleuropäer mit teils wirklich bedürftigen Gastgebern oder gar einem Obdachlosen in Albuquerque, das Blumenessen mit Hippies auf Hawaii, die Arbeit als Erntehelfer bei den Amish-Bauern in Ohio oder als ungelernter Lastenträger am Machu Picchu, wo der Gringo den Einheimischen in seiner drolligen Unbeholfenheit gehörig auf die Nerven fällt, wirken eher wie Sozialkitsch denn als wahre Teilhabe an der Armut. Die Reise hat bei allem sympathischen Draufgängertum auch einen unnatürlichen Charakter, wird sie doch von vornherein als im Nachhinein als Slapstickgeschichte aufzubereitendes Unternehmen angelegt. Der Autor stellt sich Hotelmanagern oder Reiseticketverkäufern teils direkt als Reporter mit einem "Ohne Geld bis ans Ende der Welt-Konzept vor - eine gleichnamige Serie wurde für zdf_neo produziert - weshalb man Wigge möglicherweise auch aus Marketinggründen kostenlos mitreisen oder logieren ließ. Wenn aber der Autor sich doch einmal selbst jobbend statt schnorrend betätigt, tut er dies auf eine bemüht unkonventionelle - als "Human Sofa" in Las Vegas oder "Hill Helper" an den steilen Hängen San Franciscos - oder schmierige Weise wie als Sonnenöleincremer am Strand von Santa Monica. Auch hat er für den Notfall immer die Kreditkarte dabei, wenngleich er sie nicht benutzt. Über die wahre Lebenswelt und Kulturcharakteristika der bereisten Gebiete erfährt der Leser über Sätze wie "Spielen ist ein Riesending in Kolumbien" hinaus herzlich wenig. Lesenswerte Lichtblicke inmitten der eitlen Freude an der Selbstgenügsamkeit sind die leider etwas kurz geratenen Schilderungen der zwischenmenschlichen Begegnungen mit Freaks, Veganern, Blumenkindern und anderen echten Konsumverweigerern.
sg
"Ohne Geld bis ans Ende der Welt. Eine Abenteuerreise" von Michael Wigge. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 216 Seiten, acht Farbfotos. Broschiert, 8,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main