Robert Louis Stevenson war gerade einmal 27 Jahre alt, als er mit einem Esel per pedes durch die Cevennen zog. Das war im Jahr 1878 und seine Tagebuchaufzeichnungen, die er ein Jahr darauf publizierte, gehören zu den absoluten Klassikern der Reiseliteratur. Die Auswirkungen reichen bis in die
Gegenwart, denn auch heute noch kann man in den Cevennen aus einem reichhaltigen Angebot von…mehrRobert Louis Stevenson war gerade einmal 27 Jahre alt, als er mit einem Esel per pedes durch die Cevennen zog. Das war im Jahr 1878 und seine Tagebuchaufzeichnungen, die er ein Jahr darauf publizierte, gehören zu den absoluten Klassikern der Reiseliteratur. Die Auswirkungen reichen bis in die Gegenwart, denn auch heute noch kann man in den Cevennen aus einem reichhaltigen Angebot von Eselverleihern wählen.
Dabei war das Verhältnis zwischen Robert und Modestine, so der Name des Grautiers, zu Beginn etwas getrübt. Mit der seiner Rasse eigenen Sturheit verweigerte die Eselin zunächst den ordnungsgemäßen Dienst und ließ sich nur mit aus heutiger Sicht etwas zweifelhaften Methoden überzeugen. Der Nadelstock sorgte für Tempo und Stevenson durchquerte eine Landschaft, die mit ihrer Kargheit und Weite seine Seele berührte. Auch die Menschen hinterließen Eindruck bei ihm. Er begegnete eisiger Gefühlskälte ebenso wie mitfühlender Hilfe und überall fand er Spuren des gewaltsamen Religionskrieges, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Region heimsuchte. Stevenson, der zwar protestantisch, aber eher wenig religiös war, verwunderte, wie unterschiedlich die Gemeinschaften in den einzelnen Dörfern mit ihrem historischen Erbe umgingen. Von religiöser Engstirnigkeit bis zu äußerst harmonischem Miteinander fand er jede Spielart.
Stevenson hat einen ganz eigenen Tonfall, um das Land und seine Bewohner zu charakterisieren. Er bezieht moralisch Position und sein für einen 27-Jährigen erstaunlicher Bildungshintergrund ordnet das Gesehene mit dem Geschehenen, stets mit einem wohlwollenden Augenzwinkern kommentiert. Seine Bilder und Metaphern, die er für die Natur findet, brillant ins Deutsche übertragen, sind intensiv und von eindringlicher Wirkung, zumal er meist mit Schlafsack in offener Landschaft campierte. Ungewöhnlich für die Zeit, in der diese Art des Reisens den Vagabunden vorbehalten war, was regelmäßig zu Misstrauen der Bevölkerung führte, wenn er beim „wilden Campen“ entdeckt wurde.
Nach 12 Tagen endet die Tour und die Trennung von Modestine, der anfangs Verfluchten, ist herzzerreißend. So kurz diese Reise auch war, der Eindruck hallt auch 150 Jahre später noch nach. Der Fernwanderweg GR 70 zwischen Monastier-sur-Gazeille und Saint-Jean-du-Gard trägt heute den Namen „Robert Louis Stevenson Weg“.