Zoltán Danyi hat mit Rosenroman eine Hommage an das Verschwinden erschaffen. Verschwunden ist der Vater, ein Rosenzüchter, der Krieg, Bombardierung und Embargo trotzte und das Leben um die Rosen in die Erzählfigur einsähte. Verschwunden ist die Mutter, die bei der ersten Gelegenheit des Krieges
zurück nach Ungarn zu ihrer Familie ging, sie war Ungarin aus Ungarn. Zwei Jahre lang schickte sie dem…mehrZoltán Danyi hat mit Rosenroman eine Hommage an das Verschwinden erschaffen. Verschwunden ist der Vater, ein Rosenzüchter, der Krieg, Bombardierung und Embargo trotzte und das Leben um die Rosen in die Erzählfigur einsähte. Verschwunden ist die Mutter, die bei der ersten Gelegenheit des Krieges zurück nach Ungarn zu ihrer Familie ging, sie war Ungarin aus Ungarn. Zwei Jahre lang schickte sie dem verlassenen Sohn eine Enzyklopädie zum Geburtstag, dann verlor sich ihre Spur. Sein Körper zersetzt sich an der fruchtbarsten Stelle, da helfen auch alle selbst auferlegten Zwänge nicht, die Ärzt:innen auch nur zum Teil, die Kontrolle übernimmt der Verfall. Wie bei der Liebe, dem undurchdringlichen Begehren von und nie ankommen bei seiner Frau, die sich anderes wünschte und schließlich wie die Mutter verschwand.
»Aber die Ungarn in der Vojvodina werden am schnellsten verschwinden, und das ist eine besondere Situation, eine besondere und eine hervorgehobene Position... und von dieser hervorgehobenen Position aus kann man besser sehen, dass auch das nichts ist, es verschwindet... und weil ich etwas von diesem Verschwinden verstanden habe, also muss ich, ob es gefällt oder nicht, sagen, dass so betrachtet ein jeder ein Ungar aus der Vojvodina ist.« |396
Der Verlust der alten Heimat Vojvodina, Teil eines verschwundenen Landes, Jugoslawien, eines lebhaften fruchtbaren Bodens für die ungarische Minderheit, die sich unterscheidet von den Ungarn aus Ungarn, wird umkreist, wie der verdrängte Krieg, die Gewalt, die Verarmung und die Emigration. Auch wenn die Erzählstimme immer wieder zu den Rosen zurückkehrt, den Mutterboden betrachtet, sich Wege und Orte einprägt, den Vater hervorholt, seine Liebe in allen Stadien und Facetten heraufbeschwört, seinen Körper unter Kontrolle versucht zu bringen, er kann das Verschwinden nicht aufhalten oder doch?
»Sich zu erinnern und nach Genauigkeit zu streben ist nichts anderes, als auf größenwahnsinnige, anmassende Weise ein hoffnungsloses Unternehmen zu betreiben.« |369
Die Erzählstimme trotzt dem Verschwinden mit dem Erinnern und Erzählen. Unsicherheiten, Unzuverlässigkeiten und durch Scham und Stolz zurechtgelegtes sind ihr immer bewusst, manchmal kommt es zu einer inneren Diskussion und zu einem äußerlichen Verstummen. Danyis Sprache spiegelt dabei die mitunter unerträgliche hintergründige rastlose Spannung. Er reiht in endlosen Satzketten die Gedanken der Erzählstimme aneinander, springt in Zeiten und Orten, kommt zu einem zwanghaften einengenden Turnus zurück und zu einem wortreichen Schweigen, wenigen hallenden Tönen, die immer wiederkehren.
»Rosenroman« ist eine herausfordernde und lohnende Lektüre.