Endlich Licht in das Mysterium "Rudolf Hess"
Dass Rudolf Hess ein hochrangiger Nazi-Politiker und enger Vertrauter von Adolf Hitler war, dürfte bei
all denjenigen, die sich für jüngere Geschichte interessieren, bekannt sein.1933 wurde er zum
Stellvertreter des Führers ernannt, spielte
weiterhin wie schon vor dieser Ernennung eine wichtige
Rolle bei der Etablierung des Führerkults.
Dass…mehrEndlich Licht in das Mysterium "Rudolf Hess"
Dass Rudolf Hess ein hochrangiger Nazi-Politiker und enger Vertrauter von Adolf Hitler war, dürfte bei
all denjenigen, die sich für jüngere Geschichte interessieren, bekannt sein.1933 wurde er zum
Stellvertreter des Führers ernannt, spielte weiterhin wie schon vor dieser Ernennung eine wichtige
Rolle bei der Etablierung des Führerkults.
Dass Hess anno 1941 allein in einer zweimotorigen Messerschmitt BF 110 E1/n von einem Flugplatz in
der Nähe Augsburgs nach Schottland flog, um Friedensverhandlungen mit Großbritannien zu führen, auch diese Tatsache ist ebenso bekannt wie sein Absprung über Schottland mit dem Fallschirm, ehe die Maschine am Boden zerschellte. Ebenso bekannt sollte sein, dass er entgegen seiner Hoffnung auf Gespräche mit Churchill und anderen gefangen genommen wurde - bekannt. Es wird spekuliert, dass Hess die Hoffnung hatte, die Gespräche könnten zu einem Separatfrieden zwischen Groß-Britannien und dem Deutschen Reich führen, damit Hitler seine Kriegspläne gegen Russland ohne das Risiko eines Zwei-Fronten-Krieges realisieren könne. Er wurde jedoch nicht zu Gesprächen eingeladen, sondern von den Briten gefangen genommen und für die restliche Dauer des Zweiten Weltkrieges inhaftiert.
Nach dem Krieg wurde er wie Göring, Speer und andere Nazi-Größen während der Nürnberger Prozesse wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Allerdings wurde er nicht zum Tod, sondern zu lebenslanger Haft verurteilt.
Was dieses Buch so interessant macht: man erfährt sehr viel über Hess' gesamtes Leben. Angefangen
bei seiner Kindheit und Jugendzeit, die er mit seinen Eltern teilweise in Ägypten, teilweise in Deutschland verbrachte. Man erfährt, wie er nach dem Ersten Weltkrieg und in Folge des Versailler Vertrages mit den Nazis in Kontakt kam, welch 'magische Faszination' Hitler auf Hess einwirkte. Welche Rolle er, Hess, beim Aufbau des diktatorischen Nazi-Regimes spielte und wie wichtig Hess für Hitler war.
Über den inneren Aufbau der NSDAP, die Rivalitäten zwischen den Nazi-Größen Göring, Goebbels, Himmler, Röhm und anderen ist sehr vieles in Erfahrung zu bringen.
Wobei der Autor Manfred Görtemaker auch den Werdegang gar einiger Nazis-Größen nach dem Untergang des Deutschen Reiches beleuchtet. Erhard Wetzel beispielsweise, promovierter Jurist, nahm am 6. März 1942 in seiner Funktion als Hauptstellenleiter und «Judensachbearbeiter» im Reichssicherheitshauptamt an der 2. Folgekonferenz der Wannsee-Konferenz zur Besprechung der
«Endlösung der Judenfrage» teil. Er verfasste den «Gaskammerbrief», worin er erklärte, dass «nach Sachlage keine Bedenken» bestünden, «Vergasungsapparate» einzusetzen, um nicht arbeitsfähige
Juden zu beseitigen. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er in den Waldheimer Prozessen in der
DDR zunächst zu einer Zuchthausstrafe verurteilt und erhielt nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik im Mai 1956 eine Anstellung als Ministerialrat im niedersächsischen
Innenministerium.“ (S. 342) [Anmerkung WS:!!!]
Für die Freilassung Hess aus dem Spandauer Gefängnis setzten sich im Laufe der Jahre den 1970erJahren viele Politiker der Bundesrepublik ein. „Konrad Adenauer. Ludwig Erhard und Kurt-Georg Kiesinger taten nichts, um seine Freilassung zu erreichen – Kiesinger vermutlich auch deshalb, weil er bereits 1933 der NSDAP beigetreten war und damit selbst als belastet galt.“ (S. 558)
Nach dem Tod von Hess am 17. August 1987 wurde die Gebäudeanlagen des Spandauer Gefängnisses
abgerissen. „Die Abbruchmasse wurde pulverisiert und in der Nordsee verklappt, um auch noch die letzte Möglichkeit zu beseitigen, den Ort als Wallfahrtsstätte für Rechtsradikale zu missbrauchen.“ (S. 548)
Wem all die Feststellungen von Manfred Görtemaker suspekt erscheinen, der soll sich in den sehr umfangreichen Anmerkungen, dem Quellen- und Literaturverzeichnis informieren wo des Autoren
Feststellungen zu überprüfen sind. Wer nach bestimmten Personen sucht, findet deren ‚Auftreten‘ im
Text im nicht minder umfangreichen Personenregister.
Zu den Anmerkungen ist noch festzustellen, dass diese im Gegensatz zu manch anderer Literatur sehr
gut nachzuschlagen sind. Denn sie sind (endlich einmal) nicht nur kapitelweise durchnummeriert.
Sondern in der Kopfzeile einer jeden Anmerkungsseite sind die Seitenzahlen angegeben, auf denen
sich die dazugehörenden Texte befinden.
Hess hat sich zwar stets in Schweigen gehüllt, sei es nach seinem Absprung über Schottland, sei es in
den britischen Gefängnissen, sei es während der Nürnberger Prozesse oder im Spandauer Gefängnis.
„Tatsächlich war Hess weder ein bloßes Werkzeug in der Hand des «Führers» noch eine willenlose Persönlichkeit. Die Bedeutung, die er bis 1941 für Hitler, die NSDAP und den Nationalsozialismus besaß, ist kaum hoch genug zu veranschlagen.“ (Seite 588)