»Sie war mir schon immer voraus gewesen, manchmal nur um ein paar Erfahrungen, doch es kam mir oft wie Jahre vor. Sie war völlig angstfrei. Ich hingegen hatte stets das Gefühl, das Falsche zu tun, hinterfragte alles. Dabei hatte Theresa schon immer so viel mehr zu verlieren gehabt als ich.«
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In ihrem neuen Roman »RÜCKKEHR NACH BUDAPEST« schreibt die Autorin & Lektorin Nikoletta Kiss in…mehr»Sie war mir schon immer voraus gewesen, manchmal nur um ein paar Erfahrungen, doch es kam mir oft wie Jahre vor. Sie war völlig angstfrei. Ich hingegen hatte stets das Gefühl, das Falsche zu tun, hinterfragte alles. Dabei hatte Theresa schon immer so viel mehr zu verlieren gehabt als ich.« (47)
In ihrem neuen Roman »RÜCKKEHR NACH BUDAPEST« schreibt die Autorin & Lektorin Nikoletta Kiss in einem Mix aus Rückschau und Gegenwartserzählung über das Aufwachsen im Sozialismus.
Márta wächst in einem kleinen Dorf in Ungarn zweisprachig auf. Ihre Cousine Theresa ist von Beginn an ihre beste Freundin, auch wenn die beiden nur die Sommermonate miteinander teilen können, bis Theresa mit ihrer Familie wieder zurück nach Berlin in die DDR kehrt. Als Márta 18 ist, ihre Mutter die Familie verlassen hat, Ihr Vater schwer alokohlabhängig ist, flieht sie zur geliebten Cousine nach Berlin. Dort lernen die beiden Konstantin kennen, der nicht nur in verschiedenen Heimen in der DDR Opfer von Gewalt geworden ist, sondern dies literarisch verarbeiten will. Es kommt wie es kommen muss: Beide Frauen verlieben sich in ihn.
Das ›Ménage à trois‹ zwischen Konstantin, Theresa und Márta ist weder heiß noch happy. Es zeigt zwar, dass mensch für seine eigenen und Wünsche einstehen muss, sonst erfüllen sie sich nicht. Aber die Irrungen, die diese Lieben und Freundschaften nehmen, sind für mich einfach unbegreiflich und ich bin wirklich genervt von der Unfähigkeit zu kommunizieren.
»Es gibt so Fragen, die man besser nicht stellt, bevor man weiß, wie man mit der Antwort umgeht.« 221
Das Thema Verrat unter Freundinnen wird gleich zweimal im Roman verhandelt: Zwischen Márta & Theresa und ein zweites Mal zwischen Márta und Paula. Beide Male kommt die Freundschaft dabei nicht gut weg, beide Male geht es um einen Mann, den beide für sich beanspruchen. Nichts daran, wie es im Roman verhandelt wird, ist besonders feministisch, neu oder bewegend. Ehrlicherweise war ich einfach genervt, wie schlecht hier Frauen für sich selbst einstehen, Grenzen setzen (und verteidigen) und noch schlechter kommunizieren. Nicht, dass die beschriebenen Männer es besser machen würden. Ganz und gar nicht.
»Genau das müsse ich tun, auf mich selbst hören, meint sie (Theresa’s Mutter). Wir Frauen seien sozialisiert, immer die Rolle der Umsorgenden zu spielen. Das Weib locke und verführe, tätschle, pflege und hege. Wie es sie nerve, wenn Frauen ihres Alters stolz darauf wären, dass ihre Ehe gehalten hatte.« 278 — dieser kurze feministische Ausbruch (lieben wir ) von Theresa`s Mutter reicht aber nicht. Es hätte von solchen Botschaften so viele mehr gebraucht.
Neben dem vergangenen und dem aktuellen ›Ménage à trois‹ und den verbundenen Freund*innenschaften erzählt der Roman vom Kommunismus, der DDR und deren schrecklichen Umgang mit Heimkindern und vermeintlich ‚schwer erziehbaren‘ Jugendlichen, Widerstand im Kommunismus, Fehlgeburten & Abtreibung. Ich habe nicht das Gefühl, dass diese Themen besonders gut verhandelt werden und sie kommen definitiv aufgrund der ›Ménage à trois‹ sehr zu kurz. Mich konnte der Roman nicht begeistern und auch der Schreibstil konnte die fehlende Tiefe für mich nicht wettmachen.
[2.5 / 5 ★ ]