Botho Strauss‘ zeitgenössische Zaubersprüche in biblischer Größe
Strauss’ Herrscher will selbst bestimmen (ob er Herrscher wird, wen er tötet, wann er seine Herrschaft abgibt, ob er seine Gefühle zeigt) und dennoch Gott folgen, Strauss’ Gott die unnachsichtige Tötung der Feinde und dennoch den
holden David erhöhen, nicht zuletzt, an die Utopien der 70-iger erinnernd: Strauss‘ junge Generation ist…mehrBotho Strauss‘ zeitgenössische Zaubersprüche in biblischer Größe
Strauss’ Herrscher will selbst bestimmen (ob er Herrscher wird, wen er tötet, wann er seine Herrschaft abgibt, ob er seine Gefühle zeigt) und dennoch Gott folgen, Strauss’ Gott die unnachsichtige Tötung der Feinde und dennoch den holden David erhöhen, nicht zuletzt, an die Utopien der 70-iger erinnernd: Strauss‘ junge Generation ist utopisch anders, ohne sich aufzudrängen. Wie bei Strauss üblich, ist das zwar psychologisch plausibel, aber nicht folgerichtig, hat es mehr Konsistenz als Spiel der Gegensätze. Wie in seiner Fremdenführerin, bei der es um die Spannbreite der Liebe ging, hält sich Strauss hier, vielleicht eben von der Bibel, vielleicht von der Vorstellung eines Librettos inspiriert, an ein Thema, kollagiert nicht mehrere. Umso deutlicher wird Strauss‘ Kunst, umso weniger kann seine Eigenart durch eine Balance des Verschiedenen getroffen werden.
Strauss hat sich in den 70-igern und 80-igern so leicht von so unterschiedlichen Regisseuren wie Stein, Bondy, Wilson, Dorn, Rudolph, Giesing durchsetzen lassen, weil sie alle psychologisierendem Pathos abschwören und großartige Schauspieler wie Ganz, Kirchhoff, Samel, Quadflieg, Dene, Froboess einander gegenüber stellen konnten, und ist wegen seines beschwörenden Tons, der zur heute modischeren Brilianz der Einzelszenen nicht passt, aus der Zeit gefallen. Während Galic im jüngst im BE natürlich zu liegen schien, was Strauss zum Scheinen bringt, sie gelegentlich an die große Christine Oesterle erinnert, schien Harzer heutiges Theater mit dem Strausschen versöhnen zu wollen und erreicht genauso wie Bühnenbild, Kostüme und Musikeinspielung keines von beiden.
Anregend ist die Vorstellung, dass der Text mit seinen kräftigen Bildern Rihm und andere Komponisten ebenso glänzen könnten wie Reimann mit Hennebergs Lear.