Eine Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts beschrieb uns so: «Wir sind alle Menschen, d. i. eingeschränkte, schwache, den Fehlern und Irrthümern unterworfene Menschen.“ Es war dies die Sichtweise vor der industriellen Revolution, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Dampfkraft startete.
Barbara Stollberg-Rilinger kennzeichnete das Uhrwerk als Symbol für die Fortschrittsgläubigkeit der…mehrEine Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts beschrieb uns so: «Wir sind alle Menschen, d. i. eingeschränkte, schwache, den Fehlern und Irrthümern unterworfene Menschen.“ Es war dies die Sichtweise vor der industriellen Revolution, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Dampfkraft startete.
Barbara Stollberg-Rilinger kennzeichnete das Uhrwerk als Symbol für die Fortschrittsgläubigkeit der damaligen Zeit: „Sie liefert als Urbild planmäßiger Herstellung, gesetzmäßiger Bewegung der Teile im Raum, gleichförmigen Ablaufs und strenger Funktionalität das Modell für die Welt, den lebendigen Körper, das methodische Schließen und schließlich für den Staat.“
Dabei wurden Menschen zunehmend als Störfaktor für das Funktionieren technischer Abläufe bewertet. „Sie behinderten demnach reibungslose Prozesse und meist, so das Diktum, funktioniere Technik besser ohne sie – eine Haltung, die bis in die 1970 er Jahre dominant blieb.“ Mit zunehmender Komplexität und den Computern/Software änderte sich diese Einstellung. Die Mensch-Maschine-Interaktion begann.
Solange Maschinen von Menschen in hochkomplexen Systemen erdacht, gebaut, gefüttert, gesteuert und repariert werden, sind menschliche Fehler möglich. Ich lese viel in Zeitschriften ab dem Jahr 1850 bis 1900 und habe dort unglaubliche, phantastische Bilder vorgefunden in eine Zukunft zeigend, in der Maschinen das Meiste regeln. Dem Optimismus schienen keine Grenzen gesetzt. Aber die Katastrophen hielten schnell Einzug und störten die instrumentelle Vernunft, die Hoffnung auf immer mehr zuverlässiges Funktionieren unserer Umgebung ohne unser Zutun.
Martina Heßler führt uns durch die erste industrielle Zeit bis ins heute und zeigt die Fallstricke, auf die unsere Vorfahren und wir heute trafen/treffen und oft vor große Rätsel stell(t)en. „Maschinen läuteten also nicht, wie gehofft, ein fehlerfreies, technologisch errichtetes Paradies ein. Vielmehr präsentieren sie sich als eine permanente Aufgabe: Sie wurden immer komplexer und bleiben stets unfertig.“
Ein Software-Ingenieur sagte im Jahr 2005: «We put a man on the moon. So why can’t we make software that works?» Technikfixierung wird zur permanenten Herausforderung, die unser Nachdenken erfordert. Wenig geschieht alleine, wie der Sisyphos sitzen wir immer in Hab Acht Stellung, um die Maschine zu durchleuchten und sie am laufen zu halten.
Ein höchst spannendes Buch, das herausfordert, vielen Dinge neu ordnet und am Ende mit einem Hinweis auf Elon Musk eine nahe Vision erkennbar macht. Der Chip in unserem Gehirn, der diesem System auf die Sprünge helfen soll. Nur wenn Menschen so schnell denken lernen wie Chips kommt es zu einem Gleichgewicht?
KI und ihre nahe Vergangenheit der Maschinengläubigkeit, das Weitergehen in Bereiche, für die uns heue noch Begriffe fehlen. Das Buch von Martina Heßler bringt die Gehirnzellen auf Trab, es regt an zum skeptischen Denken. Wer hat noch nicht festgestellt, dass KI nicht immer dieselben Antworten gibt und bei harter Diskussion schnell seine Meinung ändert?
Besonders spannend war für mich das Kapitel über das Autofahren, ein Thema, dem wir alle nahe sind. Jeder kann den Verkehr in San Francisco in 1900 heute auf youtube beobachten. Immer wieder bewundere ich den Fahrradfahrer zwischen allen Kutschen und ersten Autos, er versucht auf den Schienen zu fahren bzw. zu balancieren, weil dieser Untergrund besonders fahrbar scheint. Es gab damals die sog. Herrenfahrer, Menschen also, die das Gefährt selber steuerten, statt es einem Auto-Kutscher zu überlassen. Ich bezweifle, dass sie besonders rücksichtslos fuhren, kann es aber nicht nachweisen. Adenauer hatte in den 20ern als Mitfahrer in einem Auto einen Unfall, an dessen Folgen er lebenslang laborierte. Kurz: Problem des Verkehrs war immer der Sünder, der schwache, nicht alles im Blick habende Mensch. Die Verkehrssünderkartei ist heute noch eine Analogie zu diesem Begriff des sündigen Menschen aus dem 18. Jahrhundert, seit Ende März 25 endlich nur noch digital und nicht mehr in Hängeregistrauren auf Papier.
„1979 war die Rede von «gefährlichen Schleichern. «Seien Sie kein Pfropf», lautete die Aufforderung an zögerliche Autofahrer. Die Lösung wurde nun nicht mehr in einer starren Regeleinhaltung gesehen. Stattdessen sollten die menschlichen Autofahrer vom Computer koordiniert werden, denn diese könnten, anders als der einzelne Fahrer, den gesamten Verkehr überblicken.“ Man sollte also in den Fluss kommen, sich von Maschinen optimieren lassen. Heute soll man nur noch gefahren werden, der Maschinen-Computer-Kutscher möchte die Lenkung übernehmen. Ob man noch Freude am Fahren hat und auch Spaß daran, überall mit Maschinen zu reden? Bei der Einfahrt in Parkhäuser gibt es ein neues System, das mir gefällt. Ich muss keine Karte mehr ziehen, sondern ein Scanner erkennt die Autonummer automatisch. So geht assistierte Erleichterung durch Maschinen, ihre 99%-igkeit wünscht wohl niemand.